Derek Smalls protzt mit einem Staraufgebot von Gastmusikern

Derek Smalls FOTO: Rob Shanahan

Sowas hätte durchaus auch rauskommen können, wenn sich Frank Zappa mit „Lemmy“ Kilmister zusammengetan hätte, um gemeinsam sarkastisch aufs Altern zu meditieren. Und die Rollatorgang, die sich Derek Smalls da um sich geschart hat, hat sich längst noch nicht aufgegeben. Auf drei Vinyl-Seiten tobt sich eine durchaus fidele Truppe um den legendären Spinal Tap-Bassisten Derek Smalls aus. Albumtitel: „Smalls Change (meditations upon aging)“

Dylan Cem Akalin

Harry Shearer hat’s getan.  Der Schauspieler, Drehbuchautor und Synchronsprecher (Die Simpsons) hat Derek Smalls wieder aufleben lassen. Spinal Tap bleibt in der Mottenkiste, und 34 Jahre nach dem Film über die Heavy Metal-Band verlässt sich Smalls da wohl lieber auf ein durchaus imposantes Heer an Gastmusikern: Larry Carlton, David Crosby, Donald Fagen (Steely Dan), Taylor Hawkins (Foo Fighters), Jim Keltner, Danny (Kootch) Kortchmar, Russ Kunkel, Michael League (Snarky Puppy), Steve Lukather (Toto), Snarky Puppy Horns, Joe Satriani, Chad Smith (Red Hot Chili Peppers), Richard Thompson, Steve Vai, Waddy Wachte, Rick Wakeman (Yes), Phil X (Bon Jovi) und Dweezil Zappa.

Und ein großes Orchester (The Hungarian Studio Orchestra) wird auch noch verpflichtet – samt Filmmusikpapst C. J. Vanston. Mehr Protz geht nicht! Mit Stilen, die die Bandbreite musikalischer Grundlagen überschreiten, besitzt das Album die kantige Rohheit und Sensibilität einer Rocklegende, die immer von Derek und seinen früheren Bandkollegen Nigel Tufnel und David St. Hubbins geteilt wurde und nun in seinem Solowerk kanalisiert ist.

Die körperlichen Demütigungen im Alter

Derek Smalls FOTO: Rob Shanahan

„Smalls Change“ ist sicher nicht das erste Rock-Konzeptalbum, das sich dem Thema „Alt werden“ widmet. Leonard Cohens letztes Album „You Want It Darker“ zum Beispiel. Doch bei Smalls geht es weitaus weniger melancholisch zu. Mit rauer, tiefer Stimme besingt der Rockveteran die körperlichen Demütigungen, die gegen Ende des langen Spiels des Lebens kommen – dentale, arthritische, follikuläre und erektile Dysfunktionen inklusive. “Breath getting short / Life getting long / You’re hanging on / By a thread and a thong”, fasst er da zusammen. Es ist das bittere, aber ausgelassene Lachen eines Mannes, der der Rock ’n‘ Roll gelebt hat und dem eigenen Sonnenuntergang mit Vergnügen entgegenbrüllt. Und dabei unterstützen ihn eine Batterie von ausgezeichneten Gitarristen, die tatsächlich spielen, als wär’s das letzte Mal.

„Hell Toupee“ ist eine Haarausfallhymne, adressiert an den Satan persönlich. In „Gummin ‚the Gash“ besingt Derek den Mangel an Zahnersatz und fortgeschrittene sexuelle Techniken. „MRI“ („Du wirst nicht high von der Barium-Farbe“) hat Smalls mit Gast-Gitarrist Dweezil Zappa im Speed-Metal inszeniert.

Geniales Finale

Gut, nicht jeder Reim ist auch ein Lacher, und gelegentlich wirkt das Ganze im Jahr 2018 etwas pubertär. „Butt Call“ lebt da auch mehr vom perkussiven Gewitter von Foo Fighter Taylor Hawkins. Das gilt überwiegend für das Album: Namhafte Instrumentalgäste helfen dabei, das Niveau des Albums erheblich zu steigern, denn allein gutturale Stimme, die Shearer in den 80ern als Derek Smalls übernommen hat, reicht für ein ganzes Album nicht. Wer einen Faible für Hardrock-Shredding hat, wer seine Gitarrenhelden nochmal auf einem Album vereint sehen möchte, dem wird das Album gefallen, denn Steve Vai, Joe Satriani, Phil X und Steve Lukather nehmen ihre Aufgaben sehr ernst. Und so ein Stück wie „When Men Did Rock“ ist musikalisch wirklich genial, denn hier kämpft Prog-Keyboardkönig Rick Wakeman mit Satriani in einem neunminütigen Pomp-Rock-Finale.

Wunderbar auch der vielseitige Richard Thompson, der ein fantastisches Metal-Solo spielt. Und: Auf dem Album gibt es sowas wie eine Steely Dan-Semi-Reunion, bei der Jeff „Skunk“ Baxter und Larry Carlton ihre charakteristischen Licks zu „Memo to Willie“ beisteuern, die durch jazzige Akkordwechsel, Bläserparts und eine raffinierte Gitarre besticht. Und dann schaut auch noch Donald Fagen vorbei und singt den abgewandelten Refrain: „Willie, Don’t Loose That Lumber.“ Irre.