„Wenn du nicht die technischen Fähigkeiten hattest, warst du auch nicht in der Lage, diese Kompositionen zu spielen“, erzählte mir im vergangenen Jahr der Ausnahmegitarrist Al Di Meola. Und mit „diesen“ Kompositionen meinte er jene, die Chick Corea für die Fusion-Band Return to Forever geschrieben hatte. Di Meola ist immer noch fasziniert und beeindruckt von Coreas Fähigkeiten, von der „Kombination aus seinem Ausdruck und der unglaublichen Präzision seines Spiels“. Chick, sagte er, habe einen großen Einfluss auf ihn gehabt, weil er eben „einen erstaunlichen Ausdruck hatte und das bei der Fähigkeit, unglaublich schnell zu spielen“. Chick Corea wird am 12. Juni 75 Jahre alt.
Von Cem Akalin
Return war die Band, die Chick Corea in den 1970er Jahren berühmt machte. Der amerikanische Jazzpianist und -komponist verband Jazz, Rock, brasilianische und andere Latino-Elemente, nahm Anleihen bei Musicals und der klassischen Kammermusik – und erntete viel Anerkennung.
Fast vier Jahrzehnte später kehrte der ruhelose und unendlich kreative Geist zu seinen Anfängen zurück: Er und zwei seiner Mitstreiter von damals, Stanley Clarke und Lenny White, brachten Return to Forever zurück ins Leben. Vor fünf Jahren, zu seinem 70. Geburtstag, brachte er die Doppel-CD „Return“ von der jüngsten Tournee der alten neuen Band heraus.
Musik ist sein Leben, Musik ist, was ihn selbst in Ekstase bringen kann. Vor zwei Jahren enttäuschte er zwar mit seinem Soloprogramm beim Klavier-Festival Ruhr im Konzerthaus Dortmund, aber, wie sich später herausstellte, war der Meister krank. Ein mir zugesagtes Interview sagte er ab. So schlecht ging es ihm. Doch auf der Bühne präsentierte er ein paar eigene Werke wie etwa „Children’s songs“, rettete sich mit Improvisationen über Jazzstandards, ein Paar pop-Songs, etwa von Stevie Wonder und einigen swingenden Versionen von Chopin. Die von ihm sonst so gekannten Wagnisse, live auf der Bühne, neue Stücke zu komponieren, quasi den Ritt auf der Rasierklinge, erlebte man an diesem Abend nicht.
Dennoch: Corea ist bekannt dafür, dass er selbst nach Konzerten noch stundenlang allein weiterspielt.´Auch in Dortmund entfuhr es ihm einmal, als er sagte, er würde am liebsten für sich spielen.
Armando Anthony Corea kam am 12. Juni 1941 in Chelsea, Massachusetts, als Sohn eines Trompeters und Bassisten zur Welt. Er wuchs zwischen der Schallplattensammlung seines Vaters auf: Dizzy Gillespie, Sarah Vaughan, Charlie Parker sog er mit der Muttermilch auf. Mit vier Jahren begann er Klavier zu spielen, vom achten Lebensjahr an kam Schlagzeug hinzu. Der Bostoner Konzertpianist Salvatore Sullo unterrichtete ihn in klassischer Musik.
Nach der Schuleging Corea, gerademal 18 Jahre alt, nach New York und stand schon bald mit Größen wie Blue Mitchell auf der Bühne. Er stürzte sich mit Miles Davis in den Free Jazz, spielte Bebop und trat an der Seite seiner Kinderidole Vaughan, Gillespie und Roy Haynes auf.
Corea hat mehr als 100 Alben herausgebracht und wurde für 63 Grammys nominiert, gewann insgesamt 22 Trophäen. Viele seiner Kompositionen, darunter „Spain“, „La Fiesta“, „What Games Shall We Play Today“ und „Spanish Song“ gehören längst zum gängigen Jazz-Repertoire. In Deutschland ist Corea ständig zu Gast. Im Juli 2008 begeisterte er die Fans auf dem Bonner Museumsplatz, vor zwei Jahren mit Stanley Clarke auf dem Kunst!Rasen.
Ärger hatte Chick Corea in Deutschland übrigens auch schon: In den 1990er Jahren sorgte seine Zugehörigkeit zu der Scientology-Sekte für Aufsehen. Er wurde sogar mal von einem Jazzfest ausgeladen.