Blackberry Smoke absolvierten am Samstagabend das 250. Konzert in der Crossroads-Festivalreihe. Ein absolut würdiges Jubiläumsereignis. Mit den Southern Rockern aus Georgia hat die Rockpalast-Redaktion den Fans einen Riesenwunsch erfüllt. Das Konzert in der Harmonie, dem schönsten Musikclub in der Region Köln/Bonn, war ja auch schon seit gut einem halben Jahr ausverkauft. Die zweite Band, Child aus Australien, enttäuschte indes mit seinem zwar hypnotischen, aber wenig einfallsreichen Stoner Rock.
Von Dylan Cem Akalin
Sollte es jemals einen Harmonie-Preis für den coolsten Bassisten geben, dann hat ihn wohl Richard Turner verdient, der mit seinem angegrauten Bart wie aus Stein gehauen wirkte. Jedenfalls äußerlich. Sein Spiel war indes stets auf den Punkt.
Blackberry Smoke gehören zu den Bands, die nicht so eindeutig in ein Genre passen. Und wenn sie zum Intro Elvis Presleys „Promised Land“ vom Band spielen, dann bedeutet das sicherlich was: ein Liedtext von Chuck Berry zur Melodie von „Wabash Cannonball“, einem amerikanischen Volkslied, als Rock ‚n‘ Roll-Stück. Es ist wohl sowas wie ein Bekenntnis zur amerikanischen Liedtradition, und ihr Leitsatz „Too Rock to Country, too Country to Rock“ sagt ja auch schon alles. Dennoch ist Blackberry Smoke in ihrer tiefsten Seele natürlich eine Southern Rockband in der Tradition der Allman Brothers und Lynyrd Skynyrd, aber es gibt da auch ganz viel Tom Petty, etwas Greatful Dead und sogar ein bisschen Beatles – einfach verdammt gut. Bei „Sleeping Dogs“ spielen sie „Come Together“ von den Beatles an, bei „Ain’t Got the Blues“ Little Feats „Sailin‘ Shoes“ und beim letzten Stück ihres 92-minütigen Konzerts „Ain’t Much Left of Me“ leiten sie den Song sogar mit einem Gitarrenintro ein, das die Melodie von „Amazing Grace“ verarbeitete.
Rock ‚n‘ Roll mit Country-Geschmack
Blackberry Smoke hat einen Stil verinnerlicht, der Rock ‚n‘ Roll mit Country-Geschmack vergoldet. Dabei bekennen sie sich auch zu ihren Georgia-Wurzeln, haben aber all die guten Zutaten von Psychedelic, Prog, Country & Western, Americana und schlichtem, rauen Rock & Blues zu einer Paste verarbeitet, die jedes Gericht veredelt. Mann, schmeckt das gut!
Nach dem Konzert wurde dann auch klar, warum an der Bühne ein Depot von gefühlten 50 Gitarren stand. Charlie Starr und Paul Jackson bekamen von ihrem Gitarren-Tech zu jedem Song ein neues Instrument gereicht. Und Starr holte wirklich sein ganzes Arsenal an coolen Gitarren heraus, unter anderem seine maßgeschneiderte Tele, die einst Haggis von den Four Horsemen gehörte, eine Les Paul Junior von 1956 und eine wunderschöne rote Gibson ES mit f-Loch, die mit psychedelischen Vibrationen erbebte. Er spielte Slide bei „Ain’t Much Left Of Me“ und „Good One Coming On“. Die Kombination von Brandon Stills satter Orgel und Starrs Akustikgitarren-Fingerpicking auf „Is not Got The Blues“ war ein glänzendes Vergnügen.
„Medicate My Mind“
Songs wie „Believe You Me“ klingen mit dem fetten, funky Groove, als kämen sie aus dem Jahr 1974. Ein Schmelztopf aus rhythmischen Gitarren, Keyboards im Clavinet-Stil eines Stevie Wonders, glatten Basslinien und einem locker-eleganten Schlagzeug a la Levon Helm. Da steckt Jazz drin, Blues, Funk und viel Southern-Würze. Das Tempo wird durch das akustische Feeling von „Medicate My Mind“ etwas gedrosselt. Ein großartiger Song, der auch von Greg Allman sein könnte. “I’m the darkness reaching for daylight, I’m a spring that needs to unwind, I’m a red blood everything all right, as long as I Medicate My Mind…” Während das Lied die Komplexität und den Schmerz erforscht, den es verursacht, behandeln die Zuschauer ihren Geist mit der einmaligen Musik. Ein Lied, das auch von den Black Crows sein könnte.
Überhaupt das Publikum. Grandios. Was für eine Stimmung. Als die ersten Töne von „Shakin‘ Hands With the Holy Ghost“ angespielt wird, flippet es schon aus. „The Whippoorwill“ erzeugt kollektive Gänsehaut …
„Ain’t Much Left Of Me“
„Run Away From It All“ bringt uns zurück in vertrautes Territorium mit einer harten, aber dennoch melodischen Sensibilität und Charlie Starrs Vocal Stylings klingt wie ein Hit von Waylon Jennings. Mann, was für geiler Abend. Am Ende gab es dann noch das southern-rockige „Like An Arrow“ und das charmante „Ain’t Much Left Of Me“. Auch als die Saallichter angehen, klatschen und rufen die Fans nach mehr. Stimmt, es war schwer, sich zu lösen. Die Band hätte locker nochmal so lange spielen können, ohne das Langeweile aufkam – was man von Child nicht sagen konnte.
Child aus Australien
Die Australier mögen einen bluesbetonten Stoner Rock machen, der dynamisch ist. Aber als Frontmann, Gitarrist und Sänger Mathias Northway , Bassist Danny Smith und Michael Lowe (Drums) mit dem „Trouble With A Capital T“ praktisch auf der Kriechspur loslegten, dachte ich mir, ob das eine gute Wahl sei, mit dem vielleicht langsamsten Stück ein Konzert zu beginnen. Das Problem der Jungs: Es tut sich insgesamt zu wenig in ihrer Musik, die man sicherlich mit einem Joint im Kopf auf einer Wiese in Melbourne genießen kann – aber nicht im Rockpalast.