Der große Wurf war das nicht. Ganz im Gegenteil. Die drei jungen Frauen von Heavy Tiger kommen wirklich sympathisch rüber, und als Auftritt einer Schulband würde man dem Rocktrio aus Schweden wohl Respekt zollen. Aber als Act beim Crossroads Festival des WDR Rockpalasts? Das war wohl die schlechteste Band, die die Kölner je auf die Bühne in der Bonner Harmonie gebracht haben. Mit The New Roses konnte es nur noch besser werden. Die Band liefert auch ordentlich ab und erinnert in weiten Teilen an die frühen Bon Jovi. Aber an seinen Ansagen muss Sänger Timmy Rough noch arbeiten: Das erinnert ganz gruselig an Kirmes!
Von Mike H. Claan
Das war ein enttäuschender Abschluss des Crossroads Festivals am Samstagabend – zumindest was den ersten Teil betrifft. Maja Linn Samuelsson (Sängerin und Gitarristin), Bassistin Sara Frendin und Schlagzeugerin Astrid Carsbring kommen in goldenem Goldglitteroutfit auf die Bühne. Man merkt den jungen Frauen von Heavy Tiger die Nervosität an, und das Publikum feuert sie fair an. „Saigon Kiss“ wirkt gewollt hart, „Feline Feeling“ bleibt an der harmlosen Oberfläche. Bei „Superstar“ funkelt ein wenig Grunge und Samuelssons Gesang wird etwas rotziger.
Aber spätestens bei „I Go For The Cheap Ones“ hat der letzte Zuschauer wohl gemerkt, dass das einfach nur belangloser, tausendfach gehörter Rock auf Schulbandniveau bleibt. Damit hat sich die Rockpalast-Redaktion keinen Gefallen getan. Denn bislang galt es als eine Art Qualitätssiegel, wenn eine Band für diese tolle Reihe, die übrigens die 30. Auflage war, ausgewählt wurde.
The New Roses haben sich mit ihrem straighten Rock eine amtliche Fanbase aufgebaut. Und der Name von Sänger Timmy Rough ist Programm: Die Stimme ist rau, mit Eisenspänen und Honig belegt und voller Entschlossenheit. Das sind die wahren Zutaten für einen Rockgesang, der unter die Haut geht und genug Zugkraft hat, um sich gegen die metallenen Instrumente durchzusetzen.
Ich weiß nicht, warum die Band mit AC/DC oder Metallica verglichen wird. Damit haben sie überhaupt nichts zu tun. Der Opener „Every Wild Heart“ könnte von Bon Jovi oder John Mellencamp sein. Mit „Forever Never Comes“ hat sich die Band aus Wiesbaden für einen Song entschieden, der sofort die Betriebstemperatur im Publikum hochjazzt. Der Song treibt vorwärts wie eine unhaltbare Dampflok mit genügen Mitjohlpotenzial. Und „Dancin‘ On A Razor Blade“ ist wieder so ein Stück, das eben auch von Jon Bon Jovi geschrieben worden sein könnte.
Mit „2nd 1st Time“ kommt dann erstmals kein Stück vom aktuellen Album „One More for The Road“ (soll der Titel an den Live-Klassiker von Lynyrd Skynyrd erinnern?). Der Song vom Album „Without a Trace“ (2013) hat auch die leicht countryrockbelegte Stimmung, die Bon Jovi gerne nutzt.
Natürlich bekommen die Fans auch die Hits „Life Ain’t Easy (For A Boy With Long Hair)“ und das rauere „Thirsty“ zu hören. Und als letztes Stück gab es bezeichnenderweise eine wunderbare Version von Bob Segers „Old time rock and roll“. Die Band hat den Abend gerettet. Innovativ ist das nicht, was die Rheingauer machen, aber ehrlich und sauber abgelieferter Hardrock. Und, wie gesagt, die Ansagen von Timmy Rough erinnern wirklich fatal an Rekommandeure auf dem Jahrmarkt.