Crossroads II: Shirley Davis & The Silverbacks mit sensationellem Auftritt laassen Kent Coda keine Chance

Shirley Davis & The Silverbacks FOTO: Peter "Beppo" Szymanski

Was für ein Kontrastprogramm am zweiten Abend des Crossroads Festival 2018 in der Harmonie Bonn. Der Rockpalast präsentiert erst mit Kent Coda ein eher harmloses türkisch-österreichisches Trio aus Köln, das mit Trink- und Tanzliedern für ausgelassene Straßenmusikatmosphäre sorgt. Und dann verwandeln Shirley Davis & The Silverbacks den Musikclub in eine vor Glück und Freude überschäumenden Soultempel. Da kann Kent Coda nur untergehen.

Von Dylan Cem Akalin

Shirley Davis & The Silverbacks FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Shirley Davis riecht nach einer Mischung aus süßlichen Rosenblättern und würzigem Feigenbaumharz. Auf der Haut funkeln winzige Goldblättchen. Die „Black Rose of Soul“, wie Keyboarder Lucas Duplá „The Scientist“, die Diva des seelenvollen Funkpop ankündigt, liebt den Kontakt zum Publikum. Immer wieder steigt sie herunter von der Bühne und begibt sich mitten ins Publikum. Sie sucht den direkten Kontakt. Umarmt und tanzt tanzt mit den Rockpalast-Fans, während sie souverän ihren Stimmausdruck behält und nicht den Hauch eines Zweifels an ihrer vokalen Kompetenz aufkommen lässt.

Wer so abgebrüht mit Harmonien und durchaus komplexen Rhythmen umgeht, hat ein berechtigtes Selbstbewusstsein. Die Frau ist ein absoluter Profi. Sie weiß, wie sie sich zu präsentieren hat, sie weiß um ihre stimmlichen Stärken. Das macht einfach nur Spaß, bei solch einem Liveact dabei zu sein. Besser kann eine Performance nicht sein.

The Roaring Tigers

Shirley Davis & The Silverbacks FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Und solch eine starke Frau braucht eine starke Band im Rücken. Da sind erstmal The Roaring Tigers. Aarón Pozón am Saxofon und Javi Martinez “Martintxo” an der Trompete sorgen für einen Bläsersatz, der so mächtig ist, das man kaum glauben mag, dass das nur zwei Leute so hinkriegen. Und sie haben alles drauf, was man braucht. Mal knackig auf den Punkt, mal lässig breit und gediegen. Bei „Dilemma“ sorgen sie für einen edlen Steely Dan-Sound, bei „Woman Dignity“ für blecherne, kampfeslustige Breitwand-Attacken und einen indisch-orientalischen Abgang mit dem nötigen Augenzwinkern.

Respekt für die extrovertierte Lady

Und edel ist auch der Rest der Truppe, der im feinen Zwirn oder wenigstens mit Hemd, Krawatte und Weste auf der Bühne erscheint, voller Respekt für die extrovertierte Lady am Mikrofon. Edu “Youdeman” Martínez kann zurückhaltende Funk-Akkorde, rockige Riffs oder stählerne Ausbrüche auf seiner Gitarre inszenieren. Immer ausgewogen und mit einem beneidenswerten Sound ausgestattet. Diego “Comandante” Miranda ist der Mann, der mit seinem Bass in stoischer Ruhe sowas wie den Hauptmast dieses musikalischen Schoners bildet. Und Miranda sorgt mit stetig gelassenem Gesichtsausdruck für so manche erstaunlichen Basslines.

Was Jorge Suárez “Canario” an dem übersichtlichen Schlagwerk fabriziert, ist genial. Er hat diese leichte Feinheit eines Billy Cobham, ohne die Drums in den Vordergrund zu stellen, ist aber immer präsent. Lucas Duplá ist an den Keyboards sowas wie der Steuermann. Egal, was er macht, der Kurs ist immer auf den Horizont gerichtet. Das instrumentale Intro („Silverbacks Theme“) deutete jedenfalls schon an, dass der Abend keine Enttäuschung werden würde. Und mit „Bangarang“ zur Konzertmitte, das Shirley nutzt, um sich ein neues Outfit anzulegen, zeigt die Band ihre ganze Klasse als Gemeinschaft. Trotz einiger schöner kurzer Soli der einzelnen Musiker steht stets das Gesamtbild im Vordergrund. Beeindruckend!

Shirley Davis ist eine Sängerin, die in mittleren Stimmlagen an Randy Crawford erinnert. Aber da ist noch dieses rotzfreche hinter der schicken Garderobe, diese punkige, angriffslustige Grundhaltung, die jeden Song zu einer Erklärung macht, die Freude am ausgelassenen Rhythmus. Und mit „The Panther“ als Opener macht die Frau, die als Tochter von Jamaikanern in London zur Welt kam, mit 16 nach Australien auswanderte und mittlerweile in Madrid lebt, klar, dass da keine Kuschelkatze die Bühne betritt. Die bunte Robe und hochhackigen Sandalen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass da eine Frau ist, die die Würde und Selbstbestimmung der Frau besingt, die auch durchaus politische Statements von sich gibt, wie etwa in „Two Worlds“, wo sie mehr Einsatz für die Armen und gute Lebensbedingungen für alle Menschen fordert. Dabei vergisst sie aber auch den ganzen Spaß nicht und bekennt, dass sie vor das „Nightlife“ eines 24-Stunden-Tags liebt.

Kent Coda machen Lieder voller Poesie

Kent Coda FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Dass da ein harmloses Trio wie Kent Coda schwer ankommt, ist nicht verwunderlich. Öğünç Kardelen, gebürtig aus Izmir (Gesang und Gitarre),  der Österreicher Christoph Guschlbauer (Bass) und der Istanbuler Sercan Özökten (Percussion) sorgen mit gelegentlicher Unterstützung von Joon Laukamp an der Geige zwar für eine gewisse Feierlaune. Und wer des Türkischen mächtig ist, hört auch, dass manche Texte von hinreißender Poesie sind. Aber für den Rockpalast ist das Kölner Trio dann doch etwas zu arglos, zumal Kardelens Zwischenbemerkungen von einer bemerkenswerten Unbekümmertheit sind, obwohl manche Songs durchaus politischer Natur sind. Da hätte ich mir durchaus mehr Aussage gewünscht. Insgesamt aber ein netter Auftritt.