Von Peter „Beppo“ Szymanski
Der zweite Abend beim Crossroads Festival in der Bonner Harmonie war ein eindrucksvolles Zusammentreffen zweier Bands, die unterschiedlicher kaum sein könnten und doch eine gemeinsame Leidenschaft für Musik und Botschaft teilen: King No-One und Deadletter. Beide Acts repräsentieren auf ihre Art die pulsierende Indie-Rock-Szene Großbritanniens und zeigten, dass es beim Rock nicht nur um Melodien, sondern auch um Inhalte und Emotionen geht.
King No-One: Glamour und Haltung im Alt-Rock
Die Nacht begann mit King No-One, einer Band, die seit ihrer Gründung in York und mittlerweile in Manchester ansässig, einen unverkennbaren Platz in der UK-Szene eingenommen hat. Ihr Auftritt war von einem energetischen Puls geprägt, der das Publikum sofort mitriss. Schon beim ersten Akkord spürte man, wie die Atmosphäre in der Harmonie förmlich vibriert. King No-One kombinieren eingängige Melodien mit Ecken und Kanten, die den klassischen Brit-Rock ins 21. Jahrhundert tragen.
Die Setlist der Band umfasste zahlreiche Höhepunkte, darunter „Karma“ und „Gold“, die das Publikum zum Mitsingen animierten. Besonders „Karma“ erwies sich als emotionaler Höhepunkt, bei dem die mehrstimmigen Harmonien der Band glänzten. Mit „Wasted“ und „Somebody“ stellten sie ihre Vielseitigkeit unter Beweis und bewiesen, dass sie nicht nur eingängige Songs, sondern auch tiefere Texte im Repertoire haben. Die Songs zwischen sanften Klängen und kraftvollen Ausbrüchen kamen beim Publikum gut an.
Allerdings war der Auftritt nicht ohne seine Herausforderungen. Die Dramaturgie wirkte zeitweise etwas holprig, als ob die Inszenierung mehr im Vordergrund stand als der musikalische Fluss. Doch als King No-One ihren Groove fand, war klar: Diese Band hat das Potenzial, die Musiklandschaft zu verändern. Ihre Songs sind prägend für die Popmusik von heute und zeugen von einer Kreativität, die in Zukunft noch viele Türen öffnen könnte.
Deadletter: Anarchischer Spirit und ungebremste Energie
Im Anschluss übernahmen Deadletter das Kommando. Ehrlich gesagt, hatte ich von dieser Band mehr erwartet. Dennoch: Die Band aus Südwest-London, die sich selbst als „pretty fucking beige“ beschreibt, stellte unter Beweis, dass sie alles andere als durchschnittlich sind. Ihr Sound ist ein explosiver Mix aus Art-Rock, Dance-Punk und den rohen Klängen des Garage-Rock-Revivals.
Die Setlist von Deadletter war eine energische Darbietung ihrer besten Stücke. Mit „I Can’t Help It“ und „Don’t Take It Personal“ brachten sie die Menge zum Beben und schafften es, die wilde Atmosphäre zu intensivieren. Ihre Songs sind nicht nur ein Ausdruck ihres künstlerischen Schaffens, sondern auch ein Manifest ihrer Unabhängigkeit. „Hysterical Strength“ zeigte die künstlerische Schrägheit, die sie auszeichnet, und „What’s Your Damage?“ war ein weiteres Beispiel für ihre Fähigkeit, Chaos in etwas Einzigartiges zu verwandeln.
Deadletter traten mit einer anarchischen Energie auf, die sich gegen jede Form von glattpolierter Perfektion sträubt. Bereits mit den ersten Takten war klar: Hier wird ehrlich, direkt und unverfälscht gespielt. Der Auftritt war ein wilder Ritt, der sowohl Begeisterung als auch Staunen hervorrief. Deadletter brachen mit Erwartungen und stellten die Konventionen des Indie-Rocks auf den Kopf. Ihre Musik ist nicht nur ein Ausdruck ihres künstlerischen Schaffens, sondern auch ein Manifest ihrer Unabhängigkeit. Sie kreieren Chaos und finden darin eine eigenständige Sprache, die begeistert.
Ein Abend der Gegensätze
Das Crossroads Festival war ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie vielfältig und vielschichtig die aktuelle Musikszene ist. King No-One und Deadletter verkörpern auf ihre Weise die Essenz des Indie-Rocks – einerseits das Streben nach einer Botschaft, andererseits die Freude am kreativen Chaos.
Während King No-One mit Glamour und einer klaren Haltung glänzten, brachten Deadletter den anarchischen Spirit auf die Bühne. Beide Bands sind Ausdruck einer lebendigen und dynamischen Musikkultur, die auf der Suche nach neuen Wegen ist, sich auszudrücken. Das Publikum in der Bonner Harmonie war Zeuge eines Abends, der lange in Erinnerung bleiben wird – nicht nur wegen der Musik, sondern auch wegen der Leidenschaft, die in jedem Song spürbar war. Die Welt kann sich auf mehr von diesen talentierten Bands freuen, die bereit sind, die Grenzen des Genres zu sprengen und die Herzen der Zuhörer zu erobern.
Deadletter Setlist
Credit to Treason
The Snitching Hour
Mother
Bygones
Degenerate Inanimate
More Heat!
Madge’s Declaration
Hysterical Strength
Relieved
Hero
Practise Whilst You Preach
Auntie Christ
Mere Mortal
A Haunting
Deus ex machina
Binge
Zeitgeist
It Flies
King No-One Setlist
Dead Hotel
Roll of the Dice
Obsolete
The Burden of Empathy (Unreleased)
I Feel Strange
Scumbag (Unreleased)
Goodbye My Love (Unrelease, with Zach solo)
Say Nothing
Manchester Rain
Note Boys (live debut, unreleased)
Alcatraz
Not Willing to Sacrifice My Life
Neighbours
Antichrist