Das Crossroads Festival in der Bonner Harmonie ist immer etwas Besonderes. Der WDR-Rockpalast präsentiert diesmal vom 14. bis 17. März 2018 Chris Robinson Brotherhood, Orango, D/troit, Dawn Brothers, Jessy Martens And Band, The Backyard Band, The New Roses und Heavy Tiger. Beginn ist jeweils um 19.15 Uhr.
Von Dylan Cem Akalin
Logisch, dass dieser Abend des nächsten Crossroads Festivals vom 14. bis 17. März 2018 in der Bonner Harmonie (Tickets) als erstes ausverkauft sein würde: Chris Robinson Brotherhood, die neue Formation des ehemaligen Black Crowes-Sängers. Der Mann hat zweifelsohne Musikgeschichte geschrieben: Nach acht Studioalben, über 30 Millionen verkauften Platten weltweit und unzähligen Touren löste sich seine Band, die Black Crowes, 2015 endgültig auf. Aber schon 2011, während der zweiten Band-Pause, baut sich Chris Robinson ein zweites Standbein auf: Er gründet die Chris Robinson Brotherhood, ursprünglich geplant als reines Session-Projekt, das „in Kalifornien ein paar Gigs spielen“ soll. Aus den ersten Shows werden schnell mehr, und die Band absolviert allein in ihrem Gründungsjahr 118 Konzerte in Nordamerika.
Neben Robinson gehören weitere namhafte Mitglieder der Brotherhood an: der ehemalige Black Crowes-Keyboarder Adam MacDougall, Neal Casal (Ryan Adams‘ Gitarrist und selbst als Kopf von Hazy Malaze bereits Gast bei Rockpalast-Crossroads), Bassist Jeff Hill und Drummer Tony Leone (Levon Helm/The Band und Phil Lesh/Grateful Dead). Das US-amerikanische Quintett sieht sich in der Tradition von The Grateful Dead, tourt ununterbrochen und nimmt bei jeder sich bietenden Gelegenheit neue Musik auf. So entstehen in sechs Jahren sechs Studioalben und drei Live-Platten.
Die Bruderschaft eröffnet das Festival am Mittwoch, 14. März 2018, zusammen mit Orango. Die Band aus Norwegen liefern mit ihrem aktuellen Album The Mules of Nana feinsten Blues-Rock, angereichert mit jeder Menge Soul, Southern Rock und Americana. Ihre Vorbilder liegen auf jeden Fall bei Rockbands aus den 70ern wie Golden Earring, Wishbone Ash, Allman Brothers oder Doobie Brothers. Schöne Rockgitarren und vielstimmiger Gesang vereinen die Norweger zu einer äußerst dynamischen und nie langweilig werdenden Rockbrühe – wobei es mit runtergestimmten, fetten Gitarren auch mal hymnisch zugehen darf.
Donnerstag, 15. März 2018: Schmatzende Orgel, knackige Bläser, ein richtig geiler Soulgesang: Wenn du einen Bandnamen wie D/troit wählst und dann dein Album Soul Sound System nennst, lässt du bei keinen Zweifel daran, wo deine musikalischen Leitbilder sind. Und warum nicht, dieses Album ist eine geradezu unverschämte Hommage der frühen Motor City Soul-Szene und stammt von den jüngsten besten Band-Gewinnern der Scandinavian Soul Music Awards. Diese Band wird die Harmonie auf jeden Fall in einen Hexenkessel verwandeln: Soul Sound System verbindet die Energie von James Brown, die sinnlichen Moves von Marvin Gaye und Funk Grooves, die später zu einem eigenen Genre werden sollten. Einfach nur geil! Der Rockpalast schreibt zu recht: „Äußerst groovy, höchst suchterregend, wie Honig für die Ohren aber mit Ecken, Kanten und Hingabe gespielt.“
Die Revival-Band Dawn Brothers aus Rotterdam haben die Rock ‚n‘ Roll-Tradition der 60er und 70er Jahre komplett aufgesaugt. Unübertroffen, was diese Herren damit gemacht haben! Solch eine Adaption von Southern Soul und Roots Rock hat man wohl selten gehört. Die Brüder lieben diese Musik mit Leib und Seele. Die Band besteht aus Bas van Holt an der Gitarre und Levi Vis am Bass. Beide singen abwechselnd oder manchmal zusammen, was sie auch in die Nähe von The Band rückt. Nicht nur alte Einflüsse sind zu erkennen, da hört man Anklänge an amerikanische Roots-Rock-Bands wie The Band Of Heathens, die auf ähnliche Weise der gleichen Quelle der Inspiration eine eigene Wendung geben. Außerdem dabei: ein exzellente Schlagzeuger Rafael Schwiddessen. Als dritter Sänger sorgt Keyboarder Rowan de Vos für Backing Vocals.
Freitag, 16. März 2018: Jessy Martens hat nicht nur eine Stimme, die Gänsehaut erzeugt. Sie und ihre Band machen melancholischen Powerblues, Soul, Pop-Rock mit einigen Anleihen beim Jazz – das ist Musik für Erwachsene. Die Hamburgerin mit der großen Stimmen ist zwar nur 1,52 Meter, also genauso groß wie Suzi Quatro, auf der Bühne entwickelt sie sich aber in einen stimmlichen Hurrikane. Ihre Stimme wird zwar immer gerne verglichen mit Amy Winehouse und Janis Joplin, dabei ist ihre Stimmfarbe samtener, aber auch mit Beth Hart oder Tina Turner, dabei ist ihre Intonation wesentlich weniger auf Effekthascherei und Vibrato aus. Einfach nur mitten auf die Zwölf!
The Backyard Band nennt sich das Kölner Quartett – bestehend aus Moritz Zergbiegel (Vocals, Leadgitarre, Blues Harp), Sebastian Kleene (Gitarre), Simon Jay (Bass) und Maximilian Kleene (Schlagzeug). Und die Jungs sehen richtig jung aus. Aber wenn sie loslegen, dann geht es so rau zu wie einst vielleicht auch bei The Who. Die Jungs stehen beim Düsseldorfer Indie-Label des Toten Hosen-Schlagzeugers Vom Ritchie unter Vertrag, und das sagt ja wohl schon alles. Rotziger Garagerock trifft auf aufreibenden Rhythm’n’Blues, irgendwo im Bermudadreieck zwischen The Who Dr. Feelgood und Ten Years After.
Samstag, 17. März 2018: The New Roses kommen aus dem Rheingau? Aus Wiesbaden? Mhm… Immerhin landete ihr Song „Without A Trace“ auf der Compilation der US-TV-Serie Sons of Anarchy – als einziger nicht-US-amerikanischer Rock-Act. Als musikalische Vorbilder nennt die Band Guns N´Roses, AC/DC oder Metallica, aber auch B.B. King, Bruce Springsteen oder die Black Crowes werden angeführt. Die Vorbilder deuten vor allem darauf hin, dass diese Band durchaus stadiontauglich ist, andererseits besticht die Band um Sänger/Gitarrist Timmy Rough durch erdige Bluesgetränkten Hardrock.
Ganz schön viel Glitter. Und so heißt ihr Album auch. Das schwedische Frauen-Rock-Trio Heavy Tiger nennt ihre Musik “high voltage rock’n’roll”. Das knackige Album Glitter knistert und knallt mit roher, schwindelnder Energie, und die Band brettert durch eine Track-Liste, die wild, feurig und auch verdammt lustig ist. Heavy Tiger ist eine talentierte und selbstbewusste Truppe, die sich nicht mit besonders sozialkritischen Texten aufhält: Sie konzentrieren sich auf gute Melodien und liefern auf den Punkt ab: Akkorde und Refrain, Riffs und Texte, alles ist äußerst komprimiert, scharf und manchmal sogar fast lächerlich eingängig. Die drei jungen Frauen nutzen definitive Vibes aus den 70er und frühen 80er Jahren und lassen an Bands wie The Hellacopters, The Runaways, The Ramones, Sweet und sogar KISS denken. Das wird ein großer Spaß. Garantiert!
Das Viertagesticket ist ausverkauft, aber es gibt noch Karten zu einzelnen Konzerten: BonnTicket