Hodja und The Godfathers überzeugen beim ersten Abend des Crossroads Festival 2020.
Von Dylan Cem Akalin
„Everything is gonna be alright.“ Der Starter von Hodja klingt wie eine Beschwörungsformel gegen die Coronavirus-Pandemie. Und wie Hexenwerk klingt die Musik des Trios aus Kopenhagen auch. Gitarre, Schlagzeug und der Gesang von Claudius Pratt aka Gamiel Stone – mehr braucht Hodja nicht. Der mächtige Mann in den khakifarbenen Overall macht eh Wirbel genug. Und mit seiner Stimmkraft, die er wie ein schizophrener Prediger zu ändern versteht, schafft er theatralische Ausdruckskraft.
Temperament hat der Mann. Und so fordert er schnell das Publikum auf, sich doch zu bewegen, den Rock’n’Roll in der Seele zu spüren. Denn es geht eindringlich weiter. Vermutlich über einen Sequenzer mischt er Sounds in den stampfenden, monotonen Rhythmus. Ja, jetzt versteht man, was sie mit Voodoo-Rock meinen. Die Musik hat etwas Heißes, Gelobendes, manchmal gar Verstörendes.
Hexengebräu
„Wool Sweater“ hat einen deutlich stärkeren Bluesrockbezug. Ist aber kurz wie ein Präludium. Pratt ist aus New York City, Gitarrist Boi Holm aus Kopenhagen, Drummer Matthias Klein Deutscher. Doch ihre gemeinsame Sprache scheint aus den Sümpfen Louisianas oder aus den Gassen und Hinterhöfen von New Orleans zu stammen, wo man sich zu „Bitches Brew“ trifft.
„The Serpent’s Path“ hat ein Riffthema, das fatal an John Coltranes „Love Supreme“ angelehnt ist, doch der Gesang hat die Kraft von Punk, die Gitarre wird gegen Ende immer metallischer. In „On and an“ mischen sich Ausrufe aus dem Koran im Rapgesang, Kinderreime über wilde experimentelle Instrumentalausbrüche und könnte aus einem Rocktheater aus den 60er Jahren entstammen. Da muss Pratt am Ende selbst lachen. Vielleicht schaut das Publikum in den ersten Reihen so ungläubig?
„Fronting“ aus dem aktuellen Album „We Are The Here And Now“ ist eine Mischung aus Londoner Post Punk, Basis-Blues-Rock und Garage-Rock. Roh, wild, ungebändigt.
Weicher Kern
Dann kommt ein Stück, bei dem die ruhige Gitarre schon fast von The Cure sein. Ein tolles Stück, bei dem Stone mal zeigen kann, dass auch ein weicher Kern in ihm schlummert, auch wenn die Gitarre dann immer verzerrter und härter wird, er bleibt bei seinem gospelartigen, flehenden Gesang.
Ein Rhythmus wie bei Queens „We Will Rock You“ leitet ein in „Jesus Rolls“ und Pratt animiert das Publikum, die Zeilen „Wanna roll…wanna roll… wanna roll, with army at my feet…“ mitzusingen. Doch als keiner so recht mitmacht, ruft er: „Seid Ihr Kinder? Ihr seid Erwachsene mit Soul, kommt schon! Tut mir das nicht an. Wir sind im Fernsehen.“ Die Gitarre wird wilder…
Nach dem fast schon eingängigen „Wasted“, baut Gitarrist bei „God Of War“ Gebirge von Sounds auf, in die die blechernen Becken Schneisen schlagen und Stone mit seinem überschlagenden Sprechgesang startet. „Never Kneel“ hat gar was von der zügellosen Gewalt von Cream, wenn da nicht dieser durchgeknallte Gesang wäre. Und klingt da nicht am Ende das Thema von „Spoonful“?
Stile zu mischen, ist bei Hodja ein ständiger Prozess, Hodja machen berauschte Musik aus Garage-Rock, Voodoo, geschundenem Rap, Blues-Zutaten und urbanem Soul. Schweißtreibend.