Can-Bassist Holger Czukay ist tot. Wie der Kölner Express erfuhr, wurde die Leiche des 79-jährigen Mitbegründers und Bassisten der Band Can von Nachbarn in seiner Kölner Wohnung aufgefunden. Der Kölner Stadtanzeiger meldet, seine Leiche sei in einem ehemaligen Kino und Musikstudio in Weilerswist gefunden worden, das er zu einer Wohnung umgebaut hatte. Die Kripo ermittelt die Todesursache, heißt es. Im Januar starb auch Jaki Liebezeit.
Mit der Kölner Avantgare-Rock-Band Can revolutionierte er von Deutschland aus die Rockmusik, auch im Ausland wurden die Deutschen als Propheten gefeiert. Czukay, 1938 in Danzig geboren, studierte Komposition bei Karlheinz Stockhausen, und gründete 1968 mit Michael Karoli und Jaki Liebezeit die Gruppe Can. Er spielte den Bass, was ihn aber so besonders für die populäre Musik machte, war seine Entdeckung des Studios als Instrument. Can gilt als weltweit einflussreichste deutsche Band überhaupt. Ab 1979 veröffentlichte Czukay auch eine ganze Reihe von Soloalben, auf denen er die Technik des Samplings, was in der heutigen Elektro-Musik und im Hip-Hop gang und gäbe ist, vorwegnahm.
Can vermischte Elemente der Klassik, des Free Jazz mit Rock-Rhythmen, komplizierten Harmonien und elektronischen Effekten. Sie gelten nicht nur als Vorreiter des modernen Rock,k sondern auch von New Wave und Elektro-Pop. Zur Urbesetzung der Krautrock-Pioniere zählte außerdem Irmin Schmidt.
Can sei von Anfang an ein bunt zusammengewürfelter Haufen gewesen, erzählte Czukay mal in einem Interview. Sie hätten zunächst einfach wild drauflos gespielt. „Dann bestand Jaki, der so etwas wie unser Trainer war, darauf, dass alle sich reduzierten. So entstand dann plötzlich ein gemeinsamer Sound“, sagte er. „Alles, was nicht einen Bombenrhythmus hatte, wurde sofort den Löschköpfen zum Fraße vorgeworfen.“ Zur Musik gehörte auch sowas wie ein intuitives Moment und, für die teilweise sehr verkopften Musiker wichtig, etwas Unberechenbares.
Dafür war insbesondere Sänger Damo Suzuki zuständig. Czukay erzählte oft, wie sie auf ihn gekommen waren. Anfang der Siebzigerjahre beobachteten Czukay und Jaki Liebezeit aus einem Café an der Münchner Leopold-Straße heraus, wie ein exzentrisch aussehender Japaner sich auf dem Bürgersteig hinkniete und zu beten begann. „Das ist unser neuer Sänger!“, sagte soll Czukay damals gesagt haben und Damo Suzuki angesprochen haben, ob er nicht Sänger einer Rockband werden wolle? „Du kannst heute Abend anfangen, der Saal ist ausverkauft.“ Nachdem dieser zugesagt habe, habe Czukay ihn noch gebeten, sich für das Konzert bloß nicht umzuziehen. Suzuki, von 1970 bis 1973 in der Band, war für seinen improvisierten Gesang bekannt. Ein Album wie „Tago Mago“ wäre ohne ihn schwer möglich gewesen. Heute gilt das Werk von 1971 als Wegbereiter für viele moderne Musikstile, die Musiker von Radiohead nannten es eine wichtige Inspirationsquelle.