
Von Dylan C. Akalin
Als Bywater Call den Kammermusiksaal des Deutschlandfunks in Köln betritt, wirken die Bandmitglieder zunächst etwas eingeschüchtert. Vielleicht ist es dieser große Turnhallen großer Raum, der voll besetzt ist. Vielleicht auch die Tatsache, dass das Konzert aufgezeichnet und am 1. August ab 21.05 Uhr ausgestrahlt wird.
Tatsächlich ändert sich dieser Eindruck schlagartig. Denn die Truppe um Sängerin Meghan Parnell und Gitarrist Dave Barnes lässt sich und dem Publikum keine Zeit für langsames Warmwerden. Wer diese Band schon mal live erlebt hat, weiß: Sie lebt, liebt und verausgabt sich in ihrer Musik. Was folgt, ist ein Abend voller Energie, Hingabe und musikalischer Wucht, bei dem der klassisch anmutende, bestuhlte Saal bald zur heißen Soul- und Bluesarena wird. Getanzt wird indes dennoch erst ziemlich am Schluss von einzelnen Fans.
„Sunshine“ – wie gemacht für einen Roadtrip
Bywater Call zeigt gleich, dass eine ihrer größten Stärke das Spiel mit der kollektiven Energie ist. Spätestens mit „Sunshine“ ist das Publikum mitgerissen – ein Song wie gemacht für heiße und schwüle Sommerabende, Roadtrips durch den Süden der USA und offene Autofenster. Im Mittelteil liefern sich Gitarrist Dave Barnes und das Bläsertrio einen funkgeladenen Call-and-Response-Dialog, der swingt, knackt und vor Spielfreude sprüht.

Bywater Call versteht es meisterhaft, Spannungsbögen aufzubauen – mal treibt der Groove wie eine schwer arbeitende Lokomotive, mal bremst die Band abrupt, nur um mit doppelter Wucht erneut anzuziehen. Im Zentrum steht Meghan Parnell, eine Sängerin mit eindrucksvoller Präsenz, deren Stimme zwischen rauem Soul, verletzlichem Blues und purer Kraft changiert – stets kontrolliert, stets voller Ausdruck.
Stephen Stills’ „Love The One You’re With“
Einfach hinreißend: das Cover von Stephen Stills’ „Love The One You’re With“, das in der Mitte aufbricht in eine packende Jamsession. Barnes und Saxophonist Julian Nalli steigern sich in einen instrumentalen Schlagabtausch – ein musikalisches Duell, mal wild, mal verspielt, immer virtuos.
„Silver Lining“ startet mit einem marschähnlichen Groove, wie er in New Orleans geliebt wird, schwer, beinahe schleppend – bis Parnell darüber Soul legt wie einen samtenen Schleier. „For All We Know“ entfaltet einen Americana-Shuffle, getragen von feiner Slidegitarre, während „Left Behind“ direkt ins Herz trifft – mit einem eindrucksvollen Basssolo, gefolgt von einem sehnsüchtig gespielten Slidegitarrensolo. Es sind diese Momente, in denen die Band emotionale Tiefe mit technischer Finesse vereint und das Publikum immer wieder begeistert applaudiert.
„Sweet Maria“ und ein Neil Young-Cover
Nach der Pause geht es nahtlos weiter: „Sweet Maria“ bringt das Publikum zum Mitsingen, „Only“ glänzt mit einem jazzig angehauchten Gitarrensolo, und die eleganten, zurückhaltenden Bläser erinnern an den raffinierten Sound von Steely Dan.
Ein ergreifender Moment ist das Neil-Young-Cover „One Of These Days“. Pianist Bruce McCarthy hämmert die Akkorde mit Kraft und Pathos in die Tasten – es entsteht ein wuchtiger, fast hymnischer Klangraum – und singen kann der Mann auch noch. Danach dominiert wieder der Southern-Rock-Soul mit „Sign Of Peace“, bei dem viele im Publikum das Peace-Zeichen heben. Die Stimmung ist gelöst, getragen von einer spürbaren Beziehung zwischen Bühne und Zuschauerraum.
Viel erzählt Parnell an diesem Abend ja nicht, aber jetzt erinnert sie daran, dass die Band vor drei Jahren im Yard Club vor gerade einmal fünf Leuten gespielt hat – heute ist der Saal voll. Der Applaus, der darauf folgt, ist mehr als höflich.
„Holler/Kashmir“
Kurz darauf folgt „Holler“, ein wütender, stampfender Song, der in „Kashmir“ von Led Zeppelin übergeht – nahtlos, druckvoll, elektrisierend. Der Bläsersatz brodelt, der Rhythmus treibt, Parnell explodiert beinahe in ihrem Gesang.
Mit „Colours“ zeigt sie noch einmal die ganze Bandbreite ihres Könnens – zu Beginn ganz ohne Mikrofon, füllt sie den Saal mit nichts als ihrer Stimme. Ein Gänsehautmoment, in seiner Schlichtheit umwerfend. „Everybody Knows“ beschließt das reguläre Set, und als erste Besucher aufstehen und zu tanzen beginnen, ist der Bann endgültig gebrochen.

Zur Zugabe gibt es „Talk About“ – ein letzter kraftvoller Song, ein Appell an Gemeinschaft, an Zusammenhalt, an das Erzählen und Zuhören.
Bywater Call liefert an diesem Abend kein Konzert im herkömmlichen Sinn – sie erschafft ein musikalisches Erlebnis, das in Erinnerung bleibt. Mit handwerklicher Klasse, stilistischer Vielseitigkeit und einer Emotionalität, die unter die Haut geht. Eine der stärksten Livebands, die man derzeit hören kann – in Köln beweist sie das eindrucksvoll. Im Oktober kommt sie in die Harmonie nach Bonn.









