Manchmal sind es unglaubliche Zufälle, die zu einem genialen Ergebnis führen. So wie unzählige Molekülkombinationen Leben auf der Erde hervorriefen, so ist es manchmal auch in der Musik. Da trifft also eine schwedische Sängerin in Kalifornien die zwei Halbbrüder Zack Anderson (Bass) und Cory Berry (Schlagzeug), die aus der Provinz des US-Bundesstaates Iowa stammen, die dann wiederum auf einer Reise durch Frankreich den damals erst 16-Jährigen Gitarristen Dorian Sorriaux kennenlernen. Das ist die Entstehungsgeschichte der Bluesrock-Band Blues Pills, die es gerade mit ihrem umgetiteltem Debütalbum auf Platz vier der deutschen Albumcharts geschafft haben.
Schon im Oktober vergangenen Jahres verblüfften die vier Anfang-20-Jährigen beim Herbst-Festival der Musikreihe Crossroads in der Bonner Harmonie mit ihrem ungeschliffenen und einnehmenden Bluesrock. Am Ende des viertägigen Festivals wurden sie zu recht zum Publikumsliebling gewählt.
Dass ihre Liebe bei der Musik der späten 1960er und frühen 70er Jahre liegt, das machen sie schon äußerlich klar: Mit ihren langen Haaren und Blümchenhemden könnten sie glatt aus einer damaligen Hippiekommune stammen. Und die Cover ihrer EPs und des aktuellen Albums sind so floral und vom Jugendstil geprägt wie die frühen Alben von Cream, Iron Butterfly oder Jefferson Airplane. Ach ja, die Musik übrigens auch.
Natürlich ist Elin Larsson keine Janis Joplin oder Aretha Franklin, wie so mancher bereits frohlockt. Was sie aber mit diesen Sängerinnen gemein hat, ist die diamantene Rohheit, die ungezwungene, ungeschliffene Autarkie ihres Gesangs. „Vorbilder? Die habe ich nicht, jedenfalls nicht im Sinne, dass ich ihnen nacheifere, sondern als Begleiterinnen. Mit der Musik der Beatles und anderer Bands dieser Zeit bin ich schon ganz früh über meine Eltern in Berührung gekommen“, sagte sie in einem Interview.
Ähnlich verhält es sich wohl mit Dorian Sorriaux. Sein erster Gitarrenheld war Billy Gibbons von ZZ Top, doch schnell kamen auch Rory Gallagher, Peter Green und natürlich Jimi Hendrix hinzu. Seine virtuosen, abwechslungsreichen Soli sind ebenso stilprägend wie der rauchig-soulige Gesang, die drängenden Bassläufe und die straighten Schlagzeug-Beats.
Was diese Vier da so souverän und mit einer ganz selbstverständlichen Attitüde hinlegen liegt irgendwo zwischen den frühen Deep Purple, Jefferson Airplane, Led Zeppelin und Janis Joplin – sehr rockbetonter Blues mit schwachen Anklängen zum Pychedelic, hat aber genug Mainstream in sich, um durchaus auch radiotauglich zu sein. Hinreißend: „Gypsy“, die Coverversion des Chubby Checker-Songs. Ohrwurmtauglich: „River“. (Cem Akalin)
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