
Es wird ein seltenes Gastspiel und ein ganz besonderer Abend: Am 3. Juli 2025 bringt Bonnie Raitt – die Grande Dame der Slide-Gitarre – ihre zutiefst bewegende Mischung aus Blues, Rock und Folk auf den KunstRasen in Bonn. Unterstützt wird sie dabei von der Warren Haynes Band und Henrik Freischlader. Ein Konzert, das biografische Tiefe, musikalische Meisterschaft und gesellschaftliche Haltung vereint.
Von Dylan C. Akalin
Es wird einer ihrer seltenen Besuche in Deutschland, in Bonn sowieso, werden und sicherlich ein besonderes Konzert: Am Donnerstag, 3. Juli 2025, wird der KunstRasen in Bonn zu einer Bluesbühne von höchster Güte: Bonnie Raitt, die Grande Dame der Slide-Gitarre, kommt mit der Warren Haynes Band und Henrik Freischlader als Support.
Geboren am 8. November 1949 in Burbank, Kalifornien, als Tochter des Broadway-Stars John Raitt, fand Bonnie ihre musikalische Heimat im Blues – tief verwurzelt in Tradition, doch einzigartig neu interpretiert. Die Meisterschaft an der Slide-Gitarre lernte sie von Legenden wie Buddy Guy, Muddy Waters und Mississippi Fred McDowell. Das Ergebnis: eine kraftvolle Melange aus Blues, Rock, Folk und Country, getragen von einer unverwechselbaren Stimme, die leicht, rauchig und durchdringend zugleich ist.
Rückblick: Höhen & Tiefen
Ihre erste Schaffensphase in den 1970ern ist geprägt von musikalischem Talent, aber ohne kommerziellen Erfolg – bis 1989 das Album „Nick of Time“ erschien. Mit Platz 1 der US-Charts und vier Grammys markierte es Bonnies fulminantes Comeback. Es war ein besonderer Erfolg. Bekanntlich hatte Bonnie Raitt zuvor mit erheblichen mit Alkohol- und Drogenproblemen zu kämpfen. Diese führten gar zu einem Bruch mit Warner Brothers im Jahr 1983, als sie ihren Plattenvertrag verlor.
1987 ging es dann endlich wieder aufwärts. Es folgten Multiplatin-Erfolge wie „Luck of the Draw“ (1992) und „Longing in Their Hearts“ (1994) sowie die Aufnahme in die Rock & Roll Hall of Fame im Jahr 2000.
Schmerz begleitete ihr Leben
Doch Schmerz begleitet ihre Geschichte: Der Verlust von Eltern, Bruder und engen Freunden führte sie immer wieder in kreative Pausen. Vielleicht haben gerade diese Tiefs und die Brüche in ihrer Biographie, die Schmerzen ihres Lebens ihre Musik geprägt. Ihre Songs tragen eine emotionale Tiefe, die ohne gelebte Erfahrung kaum möglich wäre. Der Blues – von Natur aus eine Musikform des Schmerzes, der Sehnsucht und der Resilienz – ist für Raitt kein Stilmittel, sondern Ausdruck eines gelebten Daseins.
Raitt hat immer wieder betont, wie sehr persönliche Verluste und Krisen ihren Blick aufs Leben und damit auf ihre Musik verändert haben. Der frühe Tod ihrer Mutter (2004), ihres Bruders Steve (2009) und ihres Vaters (2005) traf sie tief. In Interviews spricht sie davon, dass diese Verluste sie „näher an den Kern“ ihrer Kunst gebracht hätten. Auch ihre jahrzehntelange Abstinenz von Drogen und Alkohol – sie ist seit 1987 trocken – ist Ausdruck einer bewussten Auseinandersetzung mit sich selbst, mit Schmerz, Flucht und Verantwortung.
Ausdruck in ihren Songs
Diese Lebenserfahrung fließt etwa in Songs wie „I Can’t Make You Love Me“ – einer der eindrucksvollsten Balladen über einseitige Liebe –, oder in neueren Liedern wie „Just Like That“, in dem sie die Geschichte einer Mutter erzählt, die dem Empfänger des Herzens ihres verstorbenen Sohnes begegnet. Hier spürt man die Tiefe eines Menschen, der den Schmerz kennt – und ihn in Kunst verwandelt.
Raitt selbst sagte 2022 in einem Interview mit The Guardian: „Ich habe genug verloren, um die Dinge ernst zu nehmen. Wenn ich singe, dann ist das nicht Theater – das ist Leben.“
In diesem Sinne ist Bonnie Raitts Musik mehr als nur Soundtrack: Sie ist gelebte Katharsis, ein Zeugnis davon, dass Schmerz, richtig kanalisiert, nicht zerstören muss – sondern heilen kann.
Mit ihrem 2022 erschienenen Album „Just Like That…“ gelang ihr erneut ein großer Wurf – der Titelsong erhielt den Grammy „Song of the Year“ und bescherte ihr ihren elften Grammy überhaupt, was zeigt: selbst nach fünf Jahrzehnten bleibt sie künstlerisch relevant.
Aktivistin & Mensch
Hinzu kommt eine Grundhaltung, die sich auch in ihrem politischen Engagement widerspiegelt. Raitt kämpft seit den 1970er Jahren für soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und Künstlerrechte, wie es in einer Pressemitteilung eines Ticketdienstes so schön heißt. Für ihr Lebenswerk erhielt sie 2024 die prestigeträchtigen Kennedy Center Honors in Washington, D.C..
Auch wenn in letzten Interviewanfragen die Anmerkung des Managements kommt, keine politischen Fragen zu stellen, Bonnie Raitt hat sich klar und deutlich zu Donald Trump und den aktuellen politischen Entwicklungen in den USA geäußert. Gegenüber loudersound.com spricht von einer „illegalen Übernahme“ der Demokratie durch ihn und bezeichnet seine Präsidentschaft als eine tägliche Herausforderung – besonders angesichts der massiven Umweltschäden, der Angriffe auf Minderheitenrechte und der Einschränkungen bei Gesundheitsversorgung und Pressefreiheit: „Es ist eine illegale Übernahme durch einen Mann, der in meinen Augen eine Bedrohung für unsere Demokratie ist“
Stimme erheben
Darüber hinaus betont Raitt die Wichtigkeit, dass Künstler ihre Stimme erheben – mit Bedacht, nicht bevormundend, sondern als moralische Verpflichtung: „Ich bin Bürgerin meines Landes und wenn ich sehe, dass etwas falsch und ungerecht ist, dann ist es meine Pflicht, mich zu äußern.“ (loudersound.com)
Sie verweist dabei auf ihre Quäker-Erziehung und ihr jahrzehntelanges Engagement – von Anti-Atomkraft-Events in den 1970ern bis zu aktuellen Klima- und Sozialprojekten. In ihren Aussagen stellt sie eine direkte Verbindung zwischen persönlichen Überzeugungen und politischer Haltung her.
Zwischen den Jahren: Bonn & Deutschland
Ein Blick zurück: Am 11. Juli 2004 gastierte sie als Special Guest von Van Morrison auf der Museumsmeile in Bonn – ihr bisher einziges Konzert in der Stadt. Insgesamt spielte sie nur selten in Deutschland – 2013 war sie in Berlin (30. Juni) und Hamburg (29. Juni) zu hören, danach folgte erst jetzt dieser exklusive Sommerauftritt in Bonn.
Freuen wir uns also auf handgemachte, tiefe Bluesmusik mit Slide-Gitarre, ehrlich und leidenschaftlich – eine musikalische Reflektion über Leben, Verlust und Hoffnung. Bonnie liefert kein nostalgisches Repertoire, sondern eine kraftvolle, authentische Stimme, die das Herz berührt. Neben ihr sorgt die Warren Haynes Band für southern rockiges Feuer, Henrik Freischlader für stahlharte Blues-Akzente.
Auf einen Blick
Datum: 3. Juli 2025
Einlass: 17:00 Uhr | Beginn: 17:15 Uhr
Ort: KunstRasen Bonn-Gronau