Blues Family: Allstar-Familientreffen in der Harmonie Bonn mit Big Daddy Wilson, Dave Goodman, Abi Wallenstein und Kai Strauss

Big Daddy Wilson FOTO: Peter "Beppo" Szymanski

Big Daddy Wilson teilt seine Band mit drei Blues-Virtuosen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Das Ganze nennt sich Blues Family, und fühlt sich auch nach Familientreffen an. Ausgerechnet die deutsche Blues-Hoffnung Kai Strauss überzeugt am wenigsten.

Von Freda Ressel

Auch beim Publikum fühlt man den Familien-Aspekt, sieht man doch sehr viele Gesichter in der Harmonie, die man von anderen Bluesevents bereits kennt. Kein Wunder, sind doch mit Dave Goodman, Abi Wallenstein und Kai Strauss drei renommierte Gitarristen geladen, die zunächst einzeln mit Big Daddy Wilsons Band spielen und schließlich eine „All Star Performance“ mit dem sympathischen Bluessänger geben sollen.

Abi Wallenstein FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Der Laden ist zu meiner leider etwas zu späten Ankunft (sehr pünktlicher Veranstaltungsbeginn und Stau kollidierten) gut gefüllt. Wie ich später erfahre, habe ich eine Soloperformance des in Bremen lebenden Kanadiers Dave Goodman verpasst. Nun steht er mit den Goosebumps Bros gemeinsam auf der Bühne, ihres Zeichens aktuelle Backingband von Big Daddy Wilson. Goodman vermag es üblicherweise im Alleingang schon, dank seines ausgefeilten Fingerpicking-Stils der Akustikgitarre Klänge zu entlocken, als wäre eine ganze Band auf der Bühne.

Dave Goodman FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Im Zusammenspiel mit den Goosebumps Bros fügt er sich aber hervorragend in den Bandsound ein, gibt den Musikern  – allen voran Keyboarder SirJo Cocchi und Gitarrist Cesare Nolli – viel Raum und hat sichtbar Spaß an der Zusammenarbeit. Neben eigenen Songs spielt Goodman, ebenso wie die anderen Acts des Abends, auch einige Klassiker, etwa eine energiegeladene Version von Creams „Crossroads“, die beim Publikum sehr gut ankommt – zumal er auch gesanglich mit viel Energie und einer unverwechselbaren Stimmfarbe überzeugen kann.  

Cesare Nolli FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Bereits hier zeichnet sich ab, dass die geheimen Stars des Abends definitiv die Goosebumps Bros sind: Perfekt aufeinander eingespielt, bietet sie jeden Song extrem tight und voller Seele dar. Bassist Paolo Legramandi und Drummer Nik Taccori legen mit einer ordentlichen Portion Coolness das Rhythmusfundament, Cocchi untermalt mal mit Bluesorgel, mal mit Pianoklängen, dabei immer versiert und mit Spaß an der Sache.

Highlight ist Gitarrist Nolli, der im Laufe des Abends oft die Gelegenheit bekommt, seine Solokünste zu zeigen. Erstaunlich egobefreit spielt er zu den unterschiedlichsten Songs immer passende, originelle Soli, als ob es das leichteste der Welt wäre und stets zur Band zugewandt – als würde er das auf ihn gerichtete Rampenlicht gar nicht bemerken. Supersympathisch.

Abi Wallenstein FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Da die Band den Abend über gleich bleibt, sollte man meinen, dass der Bruch zum nächsten Künstler nicht allzu groß wird, obwohl Abi Wallenstein mit seiner eher Delta Blues-geprägten Spielart und der extrem rauchigen Stimme eine völlig andere Farbe des Blues auf die Bühne bringt. Tatsächlich klingt es dennoch völlig anders, aber trotzdem absolut stimmig.

Die Chemie mit der Band ist definitiv gegeben, und das Publikum ist angetan – sicher auch, weil der in Hamburg lebende Wallenstein in der Harmonie kein Unbekannter ist. Egal ob eigene Songs oder Cover wie das sehr balladenartig dargebotene „Long as I can see the Light“ von CCR oder eine treibende Version des Klassikers „I just want to make love to you“ mit ordentlich Bottleneck-Action – nie hat man das Gefühl, dass hier eine spontan zusammengestellte Formation spielt, die Energie auf der Bühne ist gut und Wallenstein wirkt gut gelaunt und authentisch.

Kai Strauss FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Kai Strauss, der als dritter Gitarrist die Bühne betritt, scheint deutlich mehr zu polarisieren als seine Vorgänger. Das verwundert aber auch nicht, fällt der Osnabrücker doch im Vergleich zu den anderen Künstlern schon alleine von Optik und Ausstrahlung etwas aus der Reihe – mit dunklem Anzug und dunkler Sonnenbrille wirkt er distanzierter und macht auch einige Rockstarposen, die teilweise einen etwas einstudiert wirkenden Charakter haben.

Zudem dürfte seine vibratogeprägte Stimme nicht jedermanns Sache sein. Die Connection mit der Band klappt nicht ganz so gut, und spätestens das Gitarrensolo mit der Gitarre auf dem Rücken spaltet sichtlich die Gemüter – solche Tricks wurden ansonsten den ganzen Abend nicht dargeboten und wirken irgendwie etwas Fehl am Platz. Strauss‘ Fans, von denen aber auch einige anwesend sind, kommen dennoch auf ihre Kosten.    

Big Daddy Wilson FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Im Anschluss folgt zunächst ein kurzes, souliges Set von Big Daddy Wilson mit seiner Band, bei der die vier Goosebumps Bros auch mal zeigen dürfen, dass sie den vierstimmigen Backgroundgesang beherrschen, bevor die drei Gitarristen wieder auf die Bühne kommen und der finale Block mit ausgedehnten Versionen von Bluesklassikern und Traditionals beginnt. Hierbekommen alle Musiker Zeit für Soli und die Sänger wechseln sich ab – ein schöner Abschluss.

Der „offiziell“ letzte Song „Goodnight Irene“ schießt dabei, was den langsamen Rausschmeisser-Charakter angeht, etwas über das Ziel hinaus, weswegen das Publikum sehr dankbar für die etwas beschwingteren Zugaben wirkt. Ein interessantes Konzertkonzept, das als voller Erfolg bezeichnet werden darf. 

Paolo Legramandi FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
SirJo Cocchi FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Kai Strauss FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Nik Traccori FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Kai Strauss FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Kai Strauss FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Dave Goodman FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Abi Wallenstein FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Big Daddy Wilson FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Big Daddy Wilson FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski