Billy Joel hat er die ersten sechs Studio-Alben und das erste Live-Album („Cold Spring Harbor“, „Piano Man“, „Streetlife Serenade“, „Turnstiles“, „The Stranger“, „52nd Street“ und „Songs in the Attic“) unter dem schlichten Titel „The Vinyl Collection, Vol. 1“ herausgebracht. Besonderes Schmankerl: eine Doppel-LP mit dem bisher unveröffentlichten Live-Album „Live From The Great American Music Hall, 1975“. Und das ist wirklich sensationell.
Von Dylan Cem Akalin
Was Musikkenner und Fans besonders entzücken wird, ist der Song „New York State of Mind“, der erst ein Jahr später offiziell auf dem Album „Turnstiles“ erscheinen und zum Hit wird. Aufgenommen am berühmten Veranstaltungsort in San Francisco im Juni 1975 ist das Tempo hier etwas schneller als in der Studioversion, wobei Joel gegen Ende der Performance sogar noch mit den Texten spielt („Must be masochistic New York state of mind“).
Das bisher unveröffentlichte Doppel-Live-Album ist aber auch insgesamt wunderschön anzuhören. Die meisten Songs sind weniger bekanntes Material von einigen der früheren Alben. Was man aber heraushört, ist die pure Freude und Energie, die ihn antreibt – es ist das Jahr, in dem er wieder in seine geliebte Heimatstadt New York zurückkehrt. Dass er in den frühen 70er Jahren, als er in Kalifornien lebte, großes Heimweh nach New York hatte, ist hinlänglich bekannt.
„The Piano Man“
Den Opener macht „Somewhere Along The Line“ vom Erfolgsalbum „The Piano Man“. Und „James“, dieser wunderschöne Song an einen Jugendfreund. Die 18-Song-Sammlung enthält auch Joels augenzwinkernde Interpretationen von Songs mit Joe Cocker-Stimme („You Are so Beautiful“), Elton John („Benny & the Jets“) und Leon Russell („Delta Lady“), liebevolle Imitationen der Künstler, was er in früheren Konzerten wohl sehr gerne tat.
Immerhin ist mit „Everybody Loves You Now“ auch ein Song vom Debüt Cold Spring Harbor von 1971 drauf, jenem ungeliebten Album, auf dem beim Mastern aus Versehen die Abspielgeschwindigkeit erhöht worden war. Dennoch: Billy Joel schreibt, er möge das Album immer noch nicht so richtig. Er habe es nicht als Singe/ Songwriter, sondern als Songwriter geschrieben. Er habe damals beim Schreiben immer nur an bestimmte Vorbilder gedacht. Er habe vor allem beweisen wollen, dass er Komponieren könne. „Ich war noch ein Heranwachsender, der den Kopf so weit über seinem Arsch trug, dass er nicht geradeaus schauen konnte“, schreibt er in dem 58-seitiges Booklet, das Joels frühe Karriere anhand von Archivfotos, seinen Einblicken in seine Songs und Hommagen von Musikerkollegen, Künstlern und Prominenten hervorhebt. Dazu gibt es ein lesenswertes Essay des langjährigen Rolling-Stone-Autors Anthony DeCurtis.
Und dann kam 1973 „Piano Man“, mit dem Joel einen Riesenerfolg hatte. Auch dieses Album entstand in Los Angeles, dem damaligen Zentrum für Singer/Songwriter und junge Komponisten. John versuchte Fuß zu fassen, probierte auch in der Filmindustrie unterzukommen – ohne Erfolg. Er arbeitete als Pianist in einer Bar, während ein Anwalt ihn aus einem Knebelvertrag löste. Das Album stand eindeutig unter dem Einfluss der dortigen Musikszene: ein wenig Country, ein wenig Bluegrass, ein wenig Filmmusik. „Ich glaube, ich versuchte herauszufinden, wer ich eigentlich war. Ich höre dieses Album, und ich höre Banjos, Fideln, Paddel Steel Gitarren, und ich denke mir: Wer zum Teufel bist du?“, schreibt Joel.
„Streetlife Serenade“
Weil das Album so erfolgreich war, drängte man ihn sofort wieder ins Studio zu gehen. Auf „Streetlife Serenade“ schwingen desillusionierte Gefühle des New Yorkers über die Stadt der Engel durch. Es gibt ein paar schöne Momente mit „Roberta“ und „Souvenir“, aber ist ein wütender junger Mann zu hören, der seine bitteren Hollywood-Geschichten erzählt.
Bei heutiger Betrachtung ist es völlig unverständlich, dass „Turnstiles“ es 1976 nicht mal in die Top 100 der Album-Charts geschafft hat. Immerhin sind auf dieser LP viele seiner bekanntesten Songs drauf, und es ist bezeichnend, dass Joels Live-Album „Songs in the Attic“ weitgehend auf Melodien von diesem Album zurückgreift. Es ist seine Hommage an New York, wohin er gerade zurückgekehrt war: „Summer, Highland Falls“, „Miami 2017 (I’ve Seen the Lights Go Out on Broadway)“ und der Klassiker „New York State of Mind“.
„The Stranger“(1977) war das erste Billy Joel-Album, das von Phil Ramone produziert wurde, und das erste mit seiner Tour-erprobten Band. „Just the Way You Are“ erreichte Platz 3 der Charts, „Movin‘ Out (Anthony‘ Song)“, „She’s Always a Woman“ und das kontroverse „Only the Good Die Young“ markieren das Album von Joel, das den internationalen Durchbruch brachte.
„52nd Street“
Der Titel „52nd Street“ (1978) deutet schon an, wohin die Reise geht: An dieser Straße in Manhattan reihten sich in den 1940er bis 1950er Jahren die legendären Jazzclubs. Es ist eines von Billy Joels am stärksten vom Jazz geprägten Alben, auf dem er sich der Leichtigkeit von Steely Dan und dem Jazz-Pop-Niveau von Chicago nähert. Wir hören ein Solo von Trompeter Freddie Hubbard auf „Zanzibar“ und für den Pop ungewöhnliche Akkordwechsel. Das Album hat eine fast mysteriöse Atmosphäre, als wollte Joel an die verrauchten Nachtclubs jener Zeit erinnern. Auch dieses Album wurde mit Songs wie „My Life“, „Big Shot“ und „Honesty“ ein Megaerfolg – der bis heute anhält. Billy Joel ist wohl der einzige Künstler, der seit Dezember 2013 einmal im Monat in „seiner Kathedrale“ Madison Square Garden in New York vor ausverkauftem Haus spielt. Für Interessierte: Für Dezember gibt es noch Tickets in der Kategorie 285 Dollar, die guten Tickets für etwas mehr als 1000 Dollar sind erst ab Mai wieder erhältlich.
Billy Joel – The Vinyl Collection, Vol.1
(9LPs in Slipcase mit extended Booklet)
Cold Spring Harbor
Piano Man
Streetlife Serenade
Turnstiles
The Stranger
52nd Street
Songs in the Attic
Live at The Great American Music Hall – 1975 (2LP)
Billy Joel – Live at The Great American Music Hall – 1975
Opening
Somewhere Along The Line
Roberta
The Mexican Connection
Root Beer Rag
James
Intro of Band Members
You’re My Home
Cocker Imitation/You Are So Beautiful (Interlude)
Everybody Loves You Now
New York State Of Mind
Benny & The Jets (Interlude)
Travelin‘ Prayer
Delta Lady (Interlude)
The Entertainer
The Ballad Of Billy The Kid
Ain’t No Crime
Weekend Song