Atemlos durch die Nacht mit Adam Angst

Felix Schönfuss ist Adam Angst. FOTO: Peter "Beppo" Szymanski

Adam Angst war der beste Act beim Frühjahrsfestival von Crossroads, das der WDR-Rockpalast zweimal im Jahr in der Bonner Harmonie veranstaltet.

Von Cem Akalin

Felix Schönfuss ist Adam Angst. FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Gänsehaut und Punkmusik? Ja, das geht. Und wie. Der Sound, die Texte, die Präsenz – bei dieser Band stimmte einfach alles. Neben allem Musikalischen gelingt der Band um Frontmann Felix Schönfuss das Kunststück, das nur wenigen Songwritern gelingt: die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation in acht Minuten auf den Punkt zu bringen. Um zu einem Rundumschlag von der lethargische Innenpolitik, über die Flüchtlingssituation bis zum nordkoreanischen Wahnsinn auszuholen, braucht Adam Angst nicht mehr, und bringt seine Wutklage „Splitter von Granaten“ mit einer entwaffnenden Klarheit, wie sie nur einer bringen kann, der schon längst keine Angst mehr vor Folgen hat. Und damit trifft die Band ganz offensichtlich genau den Ton der jungen Leute, die wohltuender weise das Gros des Publikums im Musikclub bestimmen und richtig Stimmung vor der Bühne machen.

Felix Schönfuss: Lauft um Euer Leben

Den Opener machte die theatralische Medienkritik „Lauft um euer Leben“. Die dunkle Bühne wird nur von milchig-blauen Strahlern notdürftig beleuchtet, ein Dauerton wird von der Hi-hat begleitet, bis die wuchtigen Gitarren einsetzen. Dann stellt Schönfuss die Band als „Eure Arschlöcher von Dienst“ vor, um sich dann mit „Ja, ja, ich weiß“ richtig auszukotzen – eine Abrechnung mit der eingefahrenen öden Beziehung.

Die Texte von Adam Angst sind entlarvend, beschreiben Alltagssituationen, wie sie alle kennen, und Wünsche, wie sie wohl auch viele kennen. Es geht ums Angepasst sein, ums Ausbrechen wollen, um Floskeln, die man nicht mehr hören kann, um verlogene Beziehungen, ums Eingeengt sein in Job und Beziehungen und überhaupt. Die Figur Adam Angst ist absolut nicht der Typ, der die Schnauze hält. Nein, der Mann hat so was von Wut in sich, die jetzt raus muss, und so dreht er auf der Bühne voll auf, wie im Alltag. Er ist einer, der längst ausgestiegen ist aus dem Hamsterrad der gesellschaftlichen Konformität, und da hauen die Bässe und Gitarrenriffs richtig tiefe Kerben in seine Seele, die längst befreit ist von Zwängen. Und Schönfuss schreit sich frei: „Ich will hier raus, Ich muss hier raus.“ Immer wieder tritt er an den Bühnenrand, beugt sich ganz nah hinunter zum Publikum und singt, schreit, tobt – es kocht in ihm. Und die Sätze müssen raus. Ruhe ist Nichtexistenz.

Johannes Koster ist auch Adam Angst. FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Epischer Punkrock mit Indie-Anleihen und ausreichend Hymnenqualitäten und einer unglaublichen Wut im Bauch, musikalisch lassen Die Ärzte, Spider Murphy Gang, irgendwo sogar Rammstein und natürlich auch Frau Potz, Blackmail, Fjort und Monopeople, aus denen die Bandmitglieder stammen, grüßen. Die Band mit der ungeheuren Bühnenpräsenz lässt einen nur noch atemlos zurück.

Johannes Koster fällt als ausgewöhnlich vielseitiger und empathischer Drummer auf. Das ist viel viel mehr als Punk, was der Mann am Schlagwerk zaubert. Zur Band gehören noch David Gabriel Frings (Guitar), der auch mal auf einen Monitorlautsprecher steigt und ins Publikum schreit, Roman Hartmann (Guitar) und der beeindruckende Christian Kruse (Bass).

Das Green Juice Festival, wo Adam Angst als eine der Headliner auftreten, wird die Band wohl ganz schön aufmischen. Grandioses Konzert!