Angekommen im Aufbruch: Karlsson „Rauhfaseridyll“

Karlsson
Rauhfaseridyll
Veröffentlichungstermin: 15. Februar 2019
Label: Disentertainment

Die Kölner Band Karlsson holt einen da ab, wo man von den letzten richtig guten Alben von Bands wie Taking Back Sunday und  Thursday vor mehr als zehn Jahren sehnsuchtsvoll stehengelassen wurde. Nur eben mit deutschen Texten und aktuellen Themen. Das musikalische Zuhause-sein-Gefühl, das bereits die EP „Autohauseröffnung“ ausgelöst hatte, wird auf „Rauhfaseridyll“ durch besseren Sound und eine Entwicklung im Songwriting noch verstärkt. 

Von Freda Ressel

Auf dem Longplayerdebüt wirkt das Quartett musikalisch angekommen, textlich weiterhin auf der Suche – nach Hoffnung in finsteren Zeiten, nach Mitteln gegen Wut und Resignation, nach Zusammenhalt, wo Empathielosigkeit und Selbstsucht, die den Ton von Debatten bestimmen.

Der Opener „Südamerika“ bereitet die Bühne für die folgenden knapp 40 Minuten: Das ist der Sound, das ist die Stimmung, das ist das Niveau. Der Text haut einem atemlos Zeile für Zeile eine selbstreflektierte Bestandsaufnahme eines Mid-Zwanziger-Lebens um die Ohren, der Refrain ein euphorischer Ausbruch aus der Verbitterung in ferne Welten.

„Der alte Boxer“ wartet mit einer fantastischen Basslinie auf, „Hundeleben“ fasst stark die aktuelle gesellschaftlich Situation zusammen mit Weigerung, den deprimierenden Status Quo hinzunehmen. In „Schwule Könige“ zeigt die Band Haltung gegen Homophobie und Faschismus, exemplarisch am Beispiel eines schwulen Schützenkönigs. Nimmt einen der Refrain durch die gute Art von Pathos bereits ein, wird der Song durch den Break im letzten Drittel und den stampfenden mehrstimmigen Teil richtig stark.

Überhaupt ist das Songwriting durchweg sehr kurzweilig: Die Songs bleiben selten auf der Stelle, sondern loten die Stimmungen immer wieder durch überraschende Parts weiter aus und geben den Songs so mehr Tiefe und Relevanz. Bleibt die Band größtenteils im Uptempo, lassen sie sich dennoch dynamisch genug Raum, um Emotionen überzeugend zu transportieren. Als einzige „Ballade“ sticht „Die letzten Jahre“ mit seinem Drumcomputerintro ein bisschen heraus: Der Song gewinnt aber durch eine konsequente Steigerung und erinnert in seiner melancholischen Stimmung und den verwobenen Gitarren an die ruhigeren Stücke auf „Left and Leaving“ von den Weakerthans

Insgesamt ist „Rauhfaseridyll“ ein gelungenes Albumdebüt, das Karlsson aus dem Geheimtippstatus herausbefördern könnte – und sollte.

Karlsson sind auf Tour und spielen am 15.3.2019 mit Senor Karoshi im Bla/Bonn.