Wir wollen Euch jeden Tag ein Adventstürchen öffnen, mit der Hoffnung, Euch die eine oder andere Eingebung zu geben, was ihr verschenken oder was ihr Euch selbst zum Geschenk machen könnt. Unter unseren Empfehlungen sind brandneue Veröffentlichungen, aber auch einige, die etwas zurückliegen, aber es wert sind, nochmal ins Gedächtnis geholt zu werden. Wir geben Tipps für Konzerte, Bücher, Platten – alles rund um Musik. Hinter unserem sechsten Adventstürchen steckt:
Eagle Eye Cherry
Streets of You
VÖ: 30. November 2018
Label: Pias Recordings/Play Two (Rough Trade)
Noch vor wenigen Jahren war sich Eagle-Eye Cherry nicht sicher, ob er weiterhin als Künstler arbeiten wollte. Eine Reihe glücklicher Umstände entfachten jedoch schließlich seinen Wunsch, Alben aufzunehmen und auf Tour zu gehen, aufs Neue: ein neues, professionelles Umfeld, das im Wandel des Musikbusiness mehr Chancen als Probleme sah, die Reise in eine bestimmte Stadt sowie die Chance, seine Songs so oft live spielen zu können, dass sie beinahe ein Eigenleben entwickelten. Das Ergebnis ist sein neues Album „Streets Of You“, das fünfte seit seinem erfolgreichen Debüt „Desireless“ von 1997.
„Ich hatte meine Anonymität wieder zu schätzen gelernt. Ich konnte mit meiner Familie rumhängen und am Wochenende Fußball spielen. Außerdem fühlte ich mich, wie viele andere Musiker meiner Generation, ziemlich verloren in dieser neuen Ära des Streamings.“, erklärt Eagle-Eye Cherry.
„Nashville hingegen habe ich von Anfang an geliebt“
So wechselte er nach 18 Jahren zu einem neuen Management, das ihm die Optionen aufzeigte, die durch die neuen Technologien möglich geworden waren. Der zweite und entscheidende Schritt war seine Reise nach Nashville: „Ich war begierig danach, mit anderen Songwritern zusammen zu arbeiten. Zunächst probierte ich es in Los Angeles, doch die Stadt und ich haben einfach nicht harmoniert. Nashville hingegen habe ich von Anfang an geliebt. Die Einstellung der Leute dort ist fantastisch und die Musik fließt regelrecht durch die Adern dieser Stadt. Egal wohin man geht, überall ist Musik zu hören und jeder applaudiert Dir. Das hat mir die Lust am Spielen zurückgebracht, es war ein regelrechter Aha-Effekt.“
Seine Euphorie kehrte vollends in den Blackbird Studios zurück, das sich in den letzten 20 Jahren zum berühmtesten Hotspot der Popmusik entwickelt hat. Er nahm dort einige Songs auf und fasste schließlich den Plan, wieder ein ganzes Album einzuspielen. Zurück in Schweden setzte er seine Arbeit im Atlantis Studio in Stockholm fort, wo schon Legenden wie Abba bis Elvis Costello vor dem Mikrofon gestanden hatten. Dort arbeitete er mit dem schwedischen Produzenten Peter Kvint zusammen.
Seine Fans liebten seinen sehr persönlichen Pop-Rock, den er Anfang der 90er Jahre entwickelte. Aufgewachsen in einer jazzfokussierten Umgebung – sein Vater Don war eine Jazzikone an der Trompete und auch seine Schwester Neneh wagte sich tief ins Jazzterritorium vor – suchte er nach seiner eigenen musikalischen Formel.
„Es ist ein bisschen kitschig, aber ziemlich gut“
Seinen Sound bezeichnet er heute als ”Folk Country”. ”In Stockholm wohnte ich zur Untermiete und hatte nur eine einfach Gitarre. Ich begann zu spielen und improvisierte komplette Songs. Zuvor hatte ich Percussion, Keyboards und rhythmusbasierte Musik gespielt. Plötzlich fand ich alles in den Texten und der Melodie wieder. Folk, in dem ich ganz bestimmte Situationen beschreiben konnte. Erst später fing ich an, Neil Young und Bob Dylan zu hören, aber da hatte ich meinen eigenen Stil schon gefunden.” Er fährt fort: „Save Tonight“ war einer der letzten Songs, die ich für das erste Album geschrieben hatte. Eigentlich wollte ich an diesem Tag Fußball spielen, doch ständig schwirrten mir die Worte ,Save Tonight‘ im Kopf herum. Also blieb ich zuhause. Später erzählte ich meiner Freundin ‚Ich habe ein neues Lied geschrieben. Es ist ein bisschen kitschig, aber ziemlich gut.“
Mit den darauffolgenden Tourneen, PR-Terminen und Studiosessions begann eine gewisse Hysterie. „Ich habe zu oft auf zu großen Bühnen gespielt. Ich fühlte mich verloren, hatte viel Druck. Ich glaube, ich war kurz vor einem Burnout. Meine Rettung war mein Zuhause in Schweden, wo ich immer ein wenig zur Normalität zurückfinden konnte.”
Heute hat Eagle-Eye Cherry endlich die Balance zwischen der Musik, seiner zweiten großen Liebe, der Schauspielerei, und seinem normalen Leben in Stockholm zu finden – das oft mit einem Fußballspiel verbunden ist.
Tour angesagt
”Fußball ist perfekt, um Frust abzubauen und seine Energie zu steigern. Außerdem lerne ich dort Menschen kennen, die ich sonst nie getroffen hätte. Es fing in New York an, seitdem kann ich davon nicht genug bekommen. Leider ist es nicht wirklich möglich, Tourneen und Ligaspiele unter einen Hut zu bringen.”, lacht er.
Nach der Veröffentlichung von Streets of You wird Eagle-Eye Cherry wieder auf Tour gehen. Nachdem er sich mit seinem letzten, 2012 erschienenem Album, auf Brasilien konzentrierte, rückt diesmal Europa wieder in den Fokus. Zunächst wird er in kleineren Clubs auftreten, doch diesmal hat er überhaupt nichts gegen größere Hallen. ”Mit größeren Bühnen und entsprechend höheren Budgets habe ich die Möglichkeit, mit einer wirklich guten Band zusammen zu spielen. Das Beste daran ist zu wissen, dass die Band komplett miteinander verwoben ist. Die Songs können jederzeit in eine bestimmte Richtung gehen und ihr eigenes Leben entwickeln.”
”Mit großen Bühnen und besseren Budgets hat man die Möglichkeit, eine wirklich tighte Band zusammen zu proben. Das Beste ist: ich weiß, dass ich eine Band habe, die komplett ineinander verwoben ist.
Eagle-Eye Cherry 2018: ein Künstler, der den Weg zurück zum Kern seiner Kunst gefunden hat.