Weihnachtstipps 2018 – Nummer 17: Soft Machine „Hidden Details“

mit FOTO von Dylan Cem Akalin

Wir wollen Euch jeden Tag ein Adventstürchen öffnen, mit der Hoffnung, Euch die eine oder andere Eingebung zu geben, was ihr verschenken oder was ihr Euch selbst zum Geschenk machen könnt. Unter unseren Empfehlungen sind brandneue Veröffentlichungen, aber auch einige, die etwas zurückliegen, aber es wert sind, nochmal ins Gedächtnis geholt zu werden. Wir geben Tipps für Konzerte, Bücher, Platten – alles rund um Musik. Hinter unserem 17.  Adventstürchen steckt:

Soft Machine
Hidden Details
Erscheinungsdatum: 15. August 2018
Label: VIVID

Von Dylan Cem Akalin

Nach diesem fantastischen Konzertabend müssen wir Euch einfach dieses Album ans Herz legen. Nach einer Reihe von Veröffentlichungen für Moonjune Records unter dem Künstlernamen „Soft Machine Legacy“, beginnend mit „Live 2005 in Zaandam“ und zuletzt mit mit „Burden of Proof“ (2013), hat sich dieses Quartett, das hauptsächlich aus Mitgliedern der klassischen Canterbury-Gruppe Soft Machine besteht, endgültig entschieden den Zusatz „Vermächtnis“ wegzulassen und nur noch mit dem ursprünglichen Namen alleine aufzutreten und zu veröffentlichen.

Warum auch nicht? Für eine Gruppe, die Mitte der 60er Jahre begann und in den nächsten 15 Jahren elf ständig weiterentwickelte Alben veröffentlichte (vom postdadaistischen Rock über Free Jazz bis hin zu Fusion) mit ebenso wechselnden Besetzungen, bei denen mehr als zwanzig verschiedene Spieler teilnahmen, ist das doch durchaus legitim. Und Soft Machine  der „Hidden Details“ besteht ja aus drei Mitgliedern, die schon bei „Softs“ zusammengearbeitet haben.

Musik voll alternativer Perspektiven

Schlagzeuger John Marshall, der ab „Fifth“ (1972) zu Soft Machine wechselte, und Gitarrist John Etheridge, der Allan Holdsworth bei „Softs“ und „Alive & Well: Recorded in Paris“ (Harvest) von 1978 ersetzte, waren neben Bassist und Gründungsmitglied von „Soft Machine Legacy“ Hugh Hopper und Saxophonist / Pianist Elton Dean, also zwei Soft Machine-Mitglieder, zum Kern der Ursprungsband gehörten. Multiinstrumentalist Theo Travis  ist das einzige Mitglied  der neuen Soft Machine, der aufgrund seines Alters keine Vergangenheit mit Soft Machine hat. Als Hopper 2009 starb, war Roy Babbington  wohl der logische Ersatz als Bassist.

Das Ergebnis ist immer noch eine Musik voll alternativer Perspektiven,  die die Band mit absoluter Glaubwürdigkeit abliefert. Die Truppe hat sich der Überwindung von Nostalgie und Mainstream verschrieben, und diesem hehren Ziel wird die Band gerecht.

„The Man Who Waved at Trains“

Soft Machine konzertriert sich auf  „Hidden Details“ auf neues Material und kollektive Improvisation. Nur drei der dreizehn Tracks sind älteres Material. Sie kommen aus der Feder des früheren Keyboarders Mike Ratledge, der fast ein Jahrzehnt in der Gruppe war, nämlich von Beginn an, also August 1966, bis März 1976.

Ratledge’s flottes, aber atmosphärisch modales „The Man Who Waved at Trains“, ursprünglich auf  Bundles (1975), ist weniger Komplex, leichtfüßiger als im Ursprung, vor allem wegen Travis fließender Flöten-Arbeit. „Out Bloody Intro“, ein minimalistisches Rhodes-Stück von Ratledge und Travis, schlängelt sich langsam in den ersten Teil von Ratledges „Out Bloody Rageous“, mal überlang wurde es hier auf knapp fünf Minuten reduziert. Das aufsteigende Sopransaxophon-Solo wird von Etheridges empathischer Akkordunterstützung und einem Rhythmus-Team gestärkt, das sowohl leichter als auch fließender ist als die alte Besetzung.

Soft Machine-Inkarnation

„Hidden Details“ ist, auch wenn Travis und Etheridge die Hauptkomponisten der Gruppe sind, ein Bandprodukt. Etheridges „Drifting White“ ist vielleicht weniger als zwei Minuten lang, aber seine Mischung aus Einzelnotenmelodien und unterstützender Akkordarbeit zeigen sehr schön, dass sich der Gitarrist seit den Tagen von „Softs“ weiterentwickelt hat – damals ging es ihm häufig doch um die Durchbrechung der Schallmauer.

„Life on Bridges“ ist eine Art Soft Machine-Inkarnation. Mit ihrer Musik, die von völliger Freiheit und interpretierender Offenheit bis hin zu klareren Strukturen reicht, schafft die Band auf diesem Album, nicht nur den Geist von Soft Machine am Leben zu erhalten, sondern betont auch sein eigenes Konzept.