Dottendorfer Jazznacht: Torsten Goods ist der Fred Astaire unter den Jazzgitarristen

Torsten Goods bei der Dottendorfer Jazznacht 2018 FOTO: Peter "Beppo" Szymanski

Was für ein Schreck! Torsten Goods kommt auf die Bühne der Dottendorfer Jazznacht – völlig haarlos. „Ich habe eine Autoimmunkrankheit und habe deshalb alle Haare verloren. Ansonsten bin ich kerngesund.“ Gott sei Dank! Als wir ihn das letzte Mal vor drei Jahren in der Harmonie erlebten, trug er volles Haar und Bart. Aber seine Klasse hat der Edelgitarrist nach wie vor behalten.  Ein richtig schöner und beschwingter Musikabend bei der Dottendorfer Jazznacht!

Von Peter „Beppo“ Szymanski  und Mike H. Claan

Andreas Kiesenbeck FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Der Opener „Work Song“ beginnt mit ein paar lässigen Akkord- und Melodiefolgen im Geiste eines Wes Montgomery, um dann ziemlich in Bluesmodus umzuswitchen.

Nach dem Nad Adderly-Klassiker kommt „No Religion“ von Van Morrison. Seine Mutter sei mit Van in eine Schule gegangen, erzählt Goods. Tatsächlich ist seine Mutter ja Irin, sein Vater Deutscher. Die lyrisch komplexe Meditation swingt bei Goods höllisch. Natürlich klingt der Song bei Goods nicht so dreckig wie bei Van Morrison, aber Kraft hat der 37-Jährige in der Stimme und auch im Gesamtausdruck. Und wie der abgeht. Mit einer Dynamik, die so spannungsgeladen ist, dass man das Bungee-Seil ahnt, das ihn zurückhält. Das gilt bei fast jedem Stück. Und dann die Gitarrensoli mit dem unisono vorgetragenen Scatgesang…! „No Religion“ hat bei Goods jedenfalls etwas mehr Festtagsstimmung als bei Van.

Begleitet von Tobias Backhaus und Andreas Kissenbeck

Tobias Backhaus FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Begleitet wird Goods von Tobias Backhaus ( Drums) und Andreas Kissenbeck an der Hammondorgel, der bei „Soup Bone“ ein fantastisches langes Orgelsolo spielt. Das Stück mit dem coolen Swingrhythmus eignet sich eh für Improvisationseskapaden.

„Midst of your Love“ ist eine Eigenkomposition. Goods zeigt hier,  was für ein guter Sänger er ist. Er spielt seine sonore Stimme genüsslich aus. Es beginnt ja sehr sparsam arrangiert. Das Schlagzeug, das einen Rhythmus vorgibt wie eine gemächlich dahinziehende Lok. Dazu ein paar effektvolle Akkorde. Mehr braucht es nicht, um eine fantastische Stimmung zu erzeugen, in der Sehnsucht und Hingabe stecken. Er selbst sagt, dieses Stück sei in der Art von Eric Clapton geschrieben, und er sei ein großer Fan von ihm. Ja, da ist in der Tat diese feierliche Melancholie, die auch Clapton stets ausstrahlt. Für mich ist Goods aber näher an James Taylor dran.

Zwischen Roger Cicero und Gino Vannelli

Torsten Goods bei der Dottendorfer Jazznacht 2018 FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

„Dauntown“, ein Stück von Andreas Kissenbeck lässt die Orgel herrlich unter dem Scatgesang von Goods rasen. Bei Oscar Brown jr.‘s „Brother, Where Are You“ klingt Goods wie eine Mischung aus Roger Cicero, wenn der mal die Sau rausgelassen hat, und Gino Vannelli, der die Gitarre wie George Benson spielt. Stark!.

Nach der Pause hören wir noch einen jazzigen Blues von Kissenbeck, bei dem sich dieser mit einem rasanten Orgelsolo austobt, und Backhaus ein fulminantes Schlagzeugsolo spielt. „ Lord, I need a woman“ startet wie ein Popstück von Herbie Hancock. Goods und seine beiden Mitmusiker haben es einfach drauf, den Jazz auf lockere und unterhaltsame Art und Weise zu spielen, dass man die ganze Zeit Lust bekommt zu tanzen. Und dazu diese coole Grundhaltung, als würde Fred Astaire auf dem Fenstersims im 23. Stock steppen. Das macht einfach Spaß, den Jungs zuzuschauen.

When Love Comes To Town

Torsten Goods bei der Dottendorfer Jazznacht 2018 FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Besonders gefreut haben wir uns über das Gitarrensolo „The Londonerry Air“, nicht nur, weil es eine Abweichung vom bisherigen Programm war, sondern, weil Goods hier auch mal seine einfühlsame, klassische Seite zeigen konnte.

Mit Fußstampfen fängt eins der schönsten Stücke des Abends an – „When Love Comes To Town“. Ein ganz starker Song, der sich so ganz sacht aufbaut und scheinbar mit der Band und der Bühne davonfliegen will. Mit so spitzfindig eingebauten kleinen Breaks und einem sagenhaften Gesang. Da war auch eine Spur von Sinatra. Das Stück gibt es auch in einer starken Version von Herbie Hancock feat. Jonny Lang und Joss Stone. Wenn das nicht ein ordentlicher Schlusspunkt ist!

Zur Zugabe gab es „Crazy Little Think of Love“ von Queen und „New York State of mind“ von Billy Joel. Wer danach nicht beschwingt nach Hause gegangen ist, kennt kein Feuer.