Pinkpop: A Perfect Circle ist ein Ereignis. Und: Gang of Youths, The Script, Parov Stelar und Noel Gallagher

Maynard James Keenan FOTO: J&R

Bedrohliches industrielles Stampfen. Dann diese Mischung aus sanfter und brüllender Stimme. „Zähle Lügen wie Schafe zum Einschlafen.“ Surreale Musik zu Endzeitsounds. Was eine Mischung aus Nine Inch Nails und frühen Filter anmutet, ist der Eröffnungssong „Counting Bodies Like Sheep To The Rhythm Of The War Drums“ von A Perfect Circle. Ein Hammerauftritt am Samstag auf dem Pinkpop Festival im niederländischen Landgraaf. Gtt sei Dank ist die Band im Winter wieder in unseren Gefilden.

Von Dylan Cem Akalin und Peter „Beppo“ Szymanski

Billy Howerdel FOTO: J&R

Maynard James Keenan kommt in fliederfarbenem Anzug. Akkurat gekleidet mit Weste und Krawatte, die Haare lang und wild, die Augen schwarz bemalt. Mitten auf der Bühne steht er auf einem Podest, flankiert von schrägen, halbhohen Wänden, auf denen Farbspiele zerfließen. Keenan bewegt sich linkisch wie Gollum. Er beugt sich, windet sich, verrenkt sich, als müsse er sich durch imaginäre, eklige Hindernisse durchzwängen.  Musik wie ein Dauerrausch. Musik, die Farbwirbel aus den Lautsprechern presst. Dazu abgedrehte Texte, die traumgleich ebenso unlogisch wie verwirrend  sind. Es geht um rote Flagge und Tokyo-Kätzchen, um unbestimmte Wächter, fallende Körner, die Geräusche machen, während durch die Szenerie Schwalben, Rosen und Kanarienvögel fliegen. In der Welt des Maynard James Keenan herrschen andere Dimensionen, physikalische Gesetze sind völlig aufgehoben. Und dazu schafft Billy Howerdel

A Perfect Circle bei Pinkpop FOTO: J&R

Gitarrensounds, die zwischen metallkratzendem Sägen und wolkenleichten Flügelschlägen liegen.

„The Hollow“  ist so ein schräger Metalsong, bei dem der melodische, sehnsüchtige Gesang von verschrobenen Arpeggien begleitet wird. Die Musik lebt häufig von diesen inneren Widersprüchen, die eben auch die Lyrics thematisieren, häufig begleitet von Selbstanklagen wie etwa bei „Weak and Powerless“.  Vor allem die Stücke vom aktuellen Album  „Eat The Elephant“ spielen mit Effekten, die zwischen tränenvoller Schönheit und dämonenhafter Finsternis liegen. Breite Sounds vom Keyboard, fette Bässe, eindringliche Drums, tiefliegende Gitarren und die hingebungsvollen Gesänge bestimmen Stücke wie „The Contrarian“ oder The „Doomed“. Gänsehaut am ganzen Körper.

Gang of Youth, Pinkpop 2018 FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Gang of Youths, die australische Indierockgruppe aus Sydney, macht eine Musik, die klingt wie die einer ungeschliffenen, rockigen, vom Folk beeinflusste Bruderschaft des Billy Joel, vor allem der Opener „Fear and Trembling“. Die Band besteht aus dem Hauptsongwriter David Le’aupepe (Leadsänger, Gitarre), der ziemlich lässig daherkommt, Max Dunn (Bassgitarre), Jung Kim (Keyboards, Gitarre), Joji Malani (Leadgitarre) und Donnie Borzestowski (Schlagzeug). Sie sind bekannt für ihre Single „Let Me Down Easy“.

Sein musikalischer Stil basiert auf einer Kombination aus Jazz, House, Electro und Pop, und er gilt als einer der Pioniere des Electro Swing. Der Österreicher Parov Stelar sorgte mit Songs wie „Hit Me Like a Drum“ oder „Catgroove“ auf der IBA Parkstad Stage für lockere Sommerpartystimmung.

Parov Stelar at Pinkpop 2018 FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Die irische Rockband The Script überzeugte mit ihren leisen, manchmal etwas an A-ha erinnernden Songs. Natürlich spielten sie ihre Hits wie „The Man Who Can’t Be Moved“ und „Breakeven“.

Richtig gut präsentierte sich Noel Gallagher’s High Flying Birds. Im Gegensatz zu seinem Bruder lehnt Noel meistens einfache Oasis-Interpretationen ab und huldigt sie  stattdessen mit elektronischen Drones, Dance-Rock und Saxofoneinsatz. Sein aktuelles Album „Who Built the Moon?“ ist vielleicht das interessanteste Album, das er seit Mitte der 90er gemacht hat, und die Art von Platte, die er seit der Trennung von Oasis schon längst hätte machen müssen. In Zusammenarbeit mit dem Tanzproduzenten, DJ und Soundtrack-Komponisten David Holmes drängte es Gallagher aus seiner Komfortzone von Midtempo-Hymnen und Beatles-Referenzen in ein bunteres und spacigeres Territorium voller Ambient-Electronica, New Orders schimmernden Dance-Rock-Hybriden, Easy Listening und klanglich super gesättigtem Glam Rock.