Hin- und hergerissen: Till Brönner bringt „The Good Life“ heraus

FOTOS: Sony Music

Till Brönner wird auch mit seinem neuen Album „The Good Life“ nicht alle Kritiker und längst nicht alle Jazzfreunde überzeugen können. Der Wachtberger Trompeter, der längst den internationalen Durchbruch geschafft hat und sich zu Recht als erfolgreichsten Jazzmusiker Deutschlands bezeichnen darf, macht es einem auch wirklich nicht leicht. Wer den heute 45-Jährigen schon mal live erlebt hat, der weiß, welche verborgenen Seiten in dem Vollblutmusiker stecken. Live riskiert er jedes Wagnis, genießt genau dieses Abenteuer des Jazz in vollen Zügen. Doch mit seinem Alben stellt er die Jazzer immer wieder vor zweifelnde Spannung. Und so ist es auch mit dieser Sammlung von frühen Frank Sinatra-Hits. Man ist hin- und hergerissen zwischen freudigem Genuss und irritierter Langeweile.

Was so zweifeln lässt, dieses Album in hohen Tönen zu loben, ist das beharrlich bodenständige Arrangement der dreizehn Songs. Der Titelsong ist eigentlich sehr viel bekannter in der frühen und späten Version von Tony Bennett, dem leichtfüßigen Gentleman unter den Jazzsängern. Er gehört zu den populärsten Standards, interpretiert von Dutzenden Künstlern wie den  Drifters, Sammy Davis, Jr. Duke Ellington und Shirley Horn. Das gilt sicherlich auch für „Sweet Lorraine“, den Chet Baker unzählige Mal interpretiert hat. Jener Trompeter, dem sich Brönner sowohl als Instrumentalist als auch als Sänger so verbunden fühlt. Das merkt man auf diesem Album wieder all zu sehr. „Sweet Looraine“ gibt es in so vielen Variationen, Brönner hat sich für die von Art Tatum entschieden. Eine gute Wahl, die auch schon Sinatra sang – und Brönner kommt als Sänger sehr sympathisch rüber.

Ansonsten sind seine Gesangsqualitäten aber eher begrenzt, manchmal kommt er gar zu feminin rüber. „I May Be Wrong“ könnte auch von Marilyn Monroe sein, süß und sexy.

Mein persönliches Highlight: „I Loves You, Porgy“, weil Brönner diesem wunderbaren Gershwin-Klassiker so eine persönliche Zerbrechlichkeit verleiht. Auch wegen seiner beiden Eigenkompositionen „O Que Resta“ und „Her Smile“ ist es wert, sich das Album anzuschaffen – und wenn man auf loungiger Barmusik steht.

„Come Dance with Me“ klang bei Sinatra sehr viel beschwingter. „Change Partners“, den Fred Astaire schon 1938 in seinem Film „Carefree“ zu einem Erfolg machte, hat Sinatra mit Antonio Carlos Jobim auf eine unerreichbare Höhe gehoben. Das können eigentlich nur Leute wie Harry Connick Jr. und Kurt Elling erreichen. Und dann „In the Wee Small Hours of the Morning”. Der Sinatra-Song soll Lester Young schon zu Tränen gerührt haben. Die bleiben bei Brönner freilich aus.