Hat jemand Lou Gramm vermisst? Keine Ahnung. Kelly Hansen kommt vielleicht nicht in die stimmlichen Höhen wie Gramm damals in den 1970er und 80er Jahren. Aber, hey, der Mann hat Live-Qualitäten. Natürlich war Lou ein überragender Sänger.Dennoch: Foreigner haben am Montag am Kölner Tanzbrunnen vollends überzeugt.
Gut, das Outfit ist voll Achtziger. Das Sakko in Miami Vice-Pink, die Ärmel hochgeschoben, fegt der Sänger anderthalb Stunden über die Bühne. Foreigner ist eine Live-Band durch und durch. Vom ersten bis zum letzten Takt kennt die Band nur die Überholspur. Partylaune pur. Und romantische Momente gibt es auch. Was will man also mehr.
Und in diesen anderthalb Stunden zeigt die amerikanisch-britische Formation, was für ein Songpotenzial in ihr steckt. Jeder Song ein Volltreffer! Dass sie zu den „Vorreitern“ des sogenannten Adult Orientated Rock (AOR) zählen. Geschenkt. Wobei diese etwas despektierliche Bezeichnung eigentlich schon gemein ist. Wir waren kaum 20 Jahre alt, als der melodiöse Hardrock der Band die Party und Discos bestimmte. Und dass viele der 3000 Fans im Kölner Tanzbrunnen deutlich jenseits der Generation Golf waren, war auch bezeichnend.
Mick Jones, das einzig verbliebene Original-Mitglied der 1976 gegründeten Band, sah aus wie eine Mischung auf Dieter Falk und Heinz Harald Kunze, und in den Knien ist Gitarrist und geniale Songschreiber auch nicht mehr ganz so geschmeidig. Aber an der Gitarre.
Und so nahmen Jones, Hanson und der Rest der Crew uns auf eine wundervolle Reise in die 70er und 80er Jahre. Mit auf der Bühne: Jeff Pilson, der, wie man hört, demnächst wieder mit seiner Ur-Band Dokken auf Japan-Tournee gehen wird, Multi-Instrumentalist Tom Gimbel, der zu „Urgent“ ein aufpeitschendes, sich in immer höhere Sphären drehendes Saxophonsolo spielte, Keyboarder Michael Bluestein (Boz Scaggs, Stevie Nicks, Enrique Iglesias, Anastacia), Gitarrist Bruce Watson (B.B King, Rod Stewart, Christina Aguilera, Elton John) und Drummer Chris Frazier (Steve Vai, Edgar Winter, Eddie Money, Whitesnake, Carole King).
Na schön, ich bekenne. Den Heiratsantrag habe ich meiner Frau vor fast 30 Jahren bei „Foreigner“ gemacht. Natürlich bei „Waiting for a Girl Like You”, und ihre Antwort darauf bekam ich, als “Say You Will“ aus den Boxen erklang. Offensichtlich hatten noch mehr Paare am Montagabend romantische Erinnerungen an manche Songs. Zumindest standen sich viele näher, die Umarmungen waren inniger.
Natürlich ist „Foreigner“ sind keine Metalband. Aber sie rocken. Hallo? Bei drei Gitarristen auf der Bühne, einem ausgeflippten Bassisten und eindringlichen Drummer – was soll das sonst sein?
Schon als die ersten Riffs von „Double Vision“ erklangen, gab es im Publikum kein Halten mehr. Und „Head Games“ hat diesen Schmelz im Rock, der 1979 für viele folgende Bands der 1980er maßstäblich werden sollte. Und was soll man noch zu „Cold As Ices“ sagen? Das Klavier im Intro, die Steigung im Gesang, der Chor, die Gitarre, die sehr in Richtung Brian „Queen“ May geht. Ein echter Klassiker. Natürlich lagen sich die Paare bei „Waiting for a Girl Like You“ in den Armen. Es wäre aber ungerecht, die Ballade als Schnulze anzutun. Das ist ganz großes Songwriting. So wie „I Want to Know What Love Is“ und viele andere Stücke: Die Dramaturgie von „Juke Box Hero“ ist auf den Punkt. Foreigner haben abgeliefert, heißt es wohl. Jedenfalls schwingen die Lieder immer noch in meinen Gehörgängen…
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Hier die Setlist zum neidisch warden:
Double Vision
Head Games
Cold as Ice
Waiting for a Girl Like You
Dirty White Boy
That Was Yesterday
Say You Will
Urgent
Feels Like the First Time
Keyboard Solo / Drum & Keyboard Solo / Drum Solo
Juke Box Hero
Encore:
Long, Long Way From Home
I Want to Know What Love Is
Hot Blooded