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Thin Lizzy wagen mit „Acoustic Sessions“ ein ungewöhnliches Experiment: Original-Gesangsspuren von Phil Lynott treffen auf neu eingespielte Gitarrenparts von Eric Bell. Das Album verspricht eine intime, akustische Atmosphäre, doch bleibt die Frage: Ist das eine gelungene Hommage oder eine überflüssige Neuauflage? Unsere kritische Betrachtung beleuchtet Stärken und Schwächen dieser besonderen Veröffentlichung.
Von Dylan C. Akalin
„Acoustic Sessions“ von Thin Lizzy ist ein bemerkenswertes Album, das die frühen Werke der Band in einem neuen akustischen Gewand präsentiert. Es kombiniert Original-Gesangsspuren des verstorbenen Phil Lynott mit neu eingespielten Gitarrenparts des Gründungsmitglieds Eric Bell, der mit 78 Jahren sein Können erneut unter Beweis stellt.
Die Trackliste umfasst zehn Stücke, darunter Klassiker aus den ersten drei Alben der Band, darunter Titel wie „Mama Nature Said“ und „Dublin“ und „Whiskey In The Jar“ oder „A Song For While I’m Away“. Bemerkenswert ist die akustische Version von „Whiskey in the Jar“, ursprünglich ein traditionelles irisches Volkslied. Die Nummer verhalf Thin Lizzy in den 1970er Jahren zum internationalen Durchbruch und wurde später von Bands wie Metallica gecovert. Die akustische Neuinterpretation auf diesem Album hebt die zeitlose Qualität des Stücks hervor und bietet eine frische Perspektive auf diesen Evergreen.
Unveröffentlichte Gesangsspuren von Phil Lynott
Die Entstehung des Albums ist eng mit der Wiederentdeckung von Mehrspuraufnahmen während der Arbeiten an einer Neuauflage von „Vagabonds Of The Western World“ verbunden. Produzent Richard Whittaker stieß dabei auf unveröffentlichte Gesangsspuren von Lynott und entwickelte die Idee, diese mit neuen akustischen Arrangements zu kombinieren. Eric Bell fügte daraufhin neue Gitarrenparts hinzu, um den Songs eine frische, akustische Dimension zu verleihen.
Die akustische Herangehensweise verleiht den Songs eine intime und authentische Atmosphäre, die die emotionale Tiefe von Lynotts Gesang hervorhebt. „A Song For While I’m Away“ zu Beispiel erhält durch den Einsatz eines Streicher-Orchesters eine zusätzliche Dimension, was die melancholische Stimmung des Stücks unterstreicht.
Respektvolle Hommage
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Die Frage ist indes: Muss es diese Art der Neuinterpretation von Songs mit der Stimme des wunderbaren Phil Lynott wirklich geben? Wie authentisch ist das denn noch, wenn ich die Gesangsspuren einfach um neue Aufnahmen ergänze? Die Kombination von historischen Gesangsaufnahmen mit neu aufgenommenen Instrumentalparts wird von einigen Fans sicher als Versuch gesehen, das Erbe der Band kommerziell auszuschlachten. Zudem muss ich tatsächlich sagen, dass die akustischen Arrangements nicht immer nahtlos mit Lynotts ursprünglichem Gesang harmonieren, was bisweilen zu einem gewissen stilistischen Bruch führt.
Ich bin wirklich hin und hergerissen. Denn trotz dieser Kritikpunkte bietet „Acoustic Sessions“ langjährigen Fans ja durchaus die Möglichkeit, bekannte Songs in einem neuen Licht zu erleben. Die Produktion ist auf jeden Fall hochwertig, und das Albumdesign, insbesondere die Vinyl-Edition und ansprechendem Artwork, sind klasse.
Insgesamt stellt „Acoustic Sessions“ doch eine respektvolle Hommage an die frühen Jahre von Thin Lizzy dar. Es zeigt vor allem die zeitlose Qualität ihrer Musik.