Über Siebzig und kein bisschen leise – John Mayall und die Blues Breakers im Brückenforum Bonn

John Mayall im Brückenforum in Bonn Beuel FOTO: Horst Müller

Von Cem Akalin

Ein weißer Bart, ein markantes Gesicht und ein Flimmern von Ehrfurcht in den Augen der Zuschauer – John Mayall, der große Patriarch des britischen Blues, ist auch im fortgeschrittenen Alter von über siebzig Jahren immer noch ein eindrucksvoller Anblick auf der Bühne. In Bonn, im Brückenforum, versammelte sich eine treue Anhängerschaft, die nicht nur seine Geschichte als Mentor von Musikgrößen wie Eric Clapton und Peter Green verehrt, sondern auch den lebenden Mythos feierte, der noch immer mit seinen Blues Breakers unterwegs ist. Und auch wenn seine glanzvollen Mitstreiter längst eigene Wege gegangen sind, so blieb der „Father of British Blues“ auch heute noch ein maßgeblicher Einfluss auf das Genre.

Bemerkenswert: Paddy Milner

Den Anfang des Abends machte jedoch ein anderer bemerkenswerter Musiker: Paddy Milner. Mit seiner Band eröffnete der britische Pianist das Konzert mit einer Mischung aus Jazz, Soul und modernen Rock-Einflüssen, die nicht nur versiert, sondern auch außergewöhnlich eingängig war. Milner zeigte sich als virtuos und einfühlsam, was das Publikum mit Begeisterung auf die folgende Darbietung von John Mayall einstimmte.

Als Mayall schließlich selbst die Bühne betrat, hatte das Publikum bereits die ersten 15 Minuten eines instrumentalen Vorspiels hinter sich, das seinen Blues Breakers Raum zur Entfaltung gab. Und dann war es endlich soweit: Mit dem Titelsong seines aktuellen Albums „Road Dogs“ meldete sich der „Old Bluesman“ zurück. Sofort wurde klar, dass er als Bandleader noch immer mit vollster Energie dabei ist, seine Band zu führen – auch wenn seine eigene Stimme nicht mehr die dröhnende Wucht früherer Jahre hat. Stattdessen begeistert er mit einem ausdrucksstarken, charakteristischen Timbre und einer fast mystischen Fähigkeit zur Phrasierung, die auch in seinen späten Jahren keineswegs an Kraft verloren hat.

Beeindruckend: Buddy Whittington

Im Mittelpunkt des Abends stand jedoch der beeindruckende Gitarrist Buddy Whittington, der sich mit einer Mischung aus Virtuosität und technischer Raffinesse nahtlos in die Fußstapfen der berühmten Mayall-Gitarristen einfügte. Whittingtons Soli waren ein Genuss, das Spiel von gefühlvollem Blues bis hin zu flinken, präzise gesetzten Läufen blieb stets auf höchstem Niveau.

Doch trotz des technischen Könnens und der gewohnten Meisterschaft bei vielen Stücken, ließ sich die Band hin und wieder von ihrer eigenen Ambition treiben. Während Songs wie „So Many Roads“, ein Klassiker von Otis Rush, mit Bravour gemeistert wurden, blieben einige neuere Kompositionen hinter den Erwartungen zurück. Stücke wie „Chaos In The Neighbourhood“ zogen sich aufgrund einer zu gemächlichen Spielweise und einem weniger packenden Arrangement dahin, was die intensiven Instrumentalpassagen in ihrer Wirkung dämpfte.

Am Ende des Abends aber kehrten Mayall und seine Blues Breakers doch zu ihrer Stärke zurück: mit einem furiosen „Room To Move“, das die Band in alter Frische und mit einer Portion unbändiger Spielfreude in den Höhepunkt des Konzerts katapultierte. So hinterließ das Konzert den bleibenden Eindruck eines musikalischen Ausrufezeichens – von einem Musiker, der auch jenseits der siebzig noch längst nicht leise ist