Bob Dylan, 81 Jahre alt, aber voller Energie und Kreativität, bewies der Meister einmal mehr, dass das Alter nur eine Zahl ist, wenn es um Kunst und Leidenschaft geht.
Von Lina Macke
Die Halle, die sonst die Krefeld Pinguine aus der DEL 2 beherbergt, war an diesem Abend ein Sammelpunkt für Fans aus den unterschiedlichsten Regionen. 4000 Zuschauer, viele von weit her angereist, versammelten sich, um den Literaturnobelpreisträger live zu erleben.
Dylan, ein Chamäleon der Musikgeschichte, hat sich über die Jahrzehnte hinweg immer wieder neu erfunden. In der Yayla Arena war er nun vor allem ein Geschichtenerzähler, der mit seinem aktuellen Album „Rough and Rowdy Ways“ einen melancholischen und tiefgründigen Rückblick auf sein Leben und seine Kunst bot. Er spielte neun der zehn Stücke des 2020 veröffentlichten Albums, ergänzt durch einige Klassiker, die jedoch nicht die gängigen Hits wie „Blowin’ in the Wind“ oder „Knockin’ on Heaven’s Door“ umfassten. Stattdessen bot er den Zuhörern eine tiefere, intimere Einsicht in seine Schaffenswelt.
Die Setlist: Ein emotionales Kaleidoskop
Dylan eröffnete das Konzert mit „Watching the River Flow“, einem kraftvollen und eingängigen Stück, das sofort die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf sich zog. Die Melodie war beschwingt, und die Texte spiegelten eine tiefe Sehnsucht wider – eine Einladung, sich dem Fluss des Lebens hinzugeben. Die energiegeladene Darbietung setzte den perfekten Ton für den Abend und ließ das Publikum spüren, dass sie Zeugen einer besonderen Performance werden würden.
Es folgte „Most Likely You Go Your Way and I’ll Go Mine“, ein Song, der mit seinen thematischen Facetten von Trennung und Selbstfindung die Komplexität menschlicher Beziehungen thematisiert. Dylans Interpretation brachte sowohl eine melancholische Note als auch eine gewisse Entschlossenheit in den Klang, was das Publikum weiter in seinen Bann zog.
Sein markanter Gesang, begleitet von der meisterhaften Band, die ihm zur Seite stand, ließ die zeitlosen Melodien frisch und aufregend klingen. Besonders beeindruckend war die musikalische Arrangements – Dylan experimentierte mit verschiedenen Stilen und verlieh seinen klassischen Hits eine neue Dimension. Die Begleitband – ein fein abgestimmtes Ensemble aus talentierten Musikern – trug Dylans Songs mit einer Mischung aus Blues, Rock und Country, die sowohl energetisch als auch gefühlvoll war. Unter der Leitung von Dylan selbst, der sich hinter seinem Klavier positionierte, strahlte die Performance eine unverwechselbare Ruhe aus. Seine Stimme, rauer und gebrochener als in den vergangenen Jahren, vermittelte eine gewisse Verletzlichkeit, die perfekt zur Stimmung der Lieder passte. Die Verwendung von Sprechgesang, gepaart mit der eindringlichen Musik, schuf eine Atmosphäre, die die Zuhörer förmlich in den Bann zog.
Akustik nicht perfekt
Die akustischen Gegebenheiten der Halle waren nicht perfekt, doch für die meisten Fans war dies nicht weiter schlimm. Viele kannten die Texte auswendig, und das Publikum lauschte andächtig, während Dylan und seine Band die Emotionen auf der Bühne lebendig werden ließen. Besonders bemerkenswert war die Stille zwischen den Stücken – eine Ehrfurcht, die selbst die kleinsten Bewegungen des Meisters respektierte. Es gab keine großen Ansagen, nur gelegentliche „Thank you“-Rufe, die von den Fans mit herzlichem Applaus belohnt wurden.
Mit „I Contain Multitudes“ erweiterte Dylan den emotionalen Horizont des Abends. Der Song thematisiert die Widersprüchlichkeiten und Facetten seines Lebens und seiner Kunst. Hier ließ er seine lyrische Brillanz aufblitzen, während er über die Komplexität des menschlichen Daseins philosophierte. Die Zuhörer konnten sich mit den tiefgründigen Gedanken des Künstlers identifizieren und fühlten sich auf eine persönliche Ebene angesprochen.
Die düstere Stimmung setzte sich fort mit „False Prophet“, einem Stück, das Dylans Gedanken über das Alter und die Einsamkeit thematisiert. Die kraftvolle Instrumentierung der Band verstärkte die emotionale Schwingung, und die Worte „Ich bin kein falscher Prophet – ich weiß nur, was ich weiß“ hallten eindringlich im Raum nach, was die Zuhörer tief berührte.
Mysteriöse Stimmung
Mit „When I Paint My Masterpiece“ folgte ein nostalgisches Stück, das Dylans unaufhörliche Suche nach kreativer Erfüllung thematisiert. Der Song, der von dem Streben nach Inspiration und dem Gefühl des Wartens handelt, schuf eine Atmosphäre der Vertrautheit, die die Fans in die Vergangenheit zurückversetzte. Dylans gesangliche Darbietung, untermalt von sanften Melodien, ließ die Zuhörer von eigenen Meisterwerken träumen.
„Black Rider“ brachte eine mysteriöse und fast hypnotische Stimmung auf die Bühne. Dylans gefühlvolle Darbietung, gepaart mit der intensiven musikalischen Begleitung, erzeugte eine Atmosphäre, die sowohl fesselnd als auch unheimlich war. Der Song erinnerte an die Schattenseiten des Lebens und die Herausforderungen, die man überwinden muss.
Mit „My Own Version of You“ präsentierte Dylan ein Stück voller persönlicher Reflexion und tiefgründiger Emotionen. Die Kombination aus lyrischer Schärfe und einer eingängigen Melodie ließ das Publikum in die Erzählung eintauchen, die Dylans Auseinandersetzung mit der Suche nach Identität und Selbstverständnis thematisierte.
Der nächste Moment der Intimität kam mit „I’ll Be Your Baby Tonight“, einem klassischen Liebeslied, das die sanfte und zärtliche Seite von Dylans Schaffen zur Geltung brachte. Die melancholische Melodie und die einfühlsamen Texte ließen die Herzen der Zuhörer höher schlagen und schufen eine Verbindung zwischen dem Künstler und seinem Publikum.
Bemerkenswerte Präsenz
Dylan, jetzt in seinen frühen 80ern, strahlte eine bemerkenswerte Präsenz aus. Trotz seines fortgeschrittenen Alters wirkte er energetisch und engagiert. Sein Spiel an der Gitarre und am Keyboard war virtuos, und die Art und Weise, wie er mit der Band interagierte, zeugte von einer tiefen Verbundenheit und einem respektvollen Miteinander. Die leicht verschmitzte Art, mit der er die Zuhörer ansah, und sein gelegentliches Lächeln schufen eine persönliche Verbindung, die das Publikum in ihren Bann zog.
Mit „Crossing the Rubicon“ ging es weiter in die tiefen Gewässer von Dylans Schaffenswelt. Dieser Song reflektiert Entscheidungen und Übergänge im Leben. Die emotionale Tiefe und die kraftvolle Darbietung ließen die Zuhörer spüren, dass jeder Schritt im Leben entscheidend ist und dass man oft einen Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gibt.
„To Be Alone With You“ folgte als weitere Liebeserklärung, die Intimität und das Verlangen nach Nähe thematisiert. Die Ballade, durchzogen von Dylans rauchiger Stimme und melancholischen Melodien, schuf einen Raum der Nähe und Vertrautheit, der das Publikum in seinen Bann zog.
„Key West (Philosopher Pirate)“ entführte die Zuhörer in eine Welt der Träume und Freiheit. Der Song, der eine nostalgische Sehnsucht nach den einfachen Dingen des Lebens vermittelt, wurde mit viel Gefühl und Energie präsentiert. Dylans fesselnde Darbietung schuf ein Bild von Sonnenuntergängen und dem Rauschen des Meeres, das die Zuhörer verzauberte.
Eindringliche Liebeserklärung
Mit „Gotta Serve Somebody“ kehrte Dylan zu einem seiner bedeutendsten Themen zurück: den moralischen Entscheidungen im Leben. Die eingängige Melodie und die kraftvollen Texte forderten das Publikum auf, über die eigenen Werte nachzudenken und das Streben nach Sinn im Leben zu reflektieren.
„I’ve Made Up My Mind to Give Myself to You“ folgte als eindringliche Liebeserklärung, die die Hingabe und das Streben nach wahrer Verbindung thematisiert. Die sanften Klänge und Dylans emotionaler Gesang ließen das Publikum die Intensität und Tiefe dieser Botschaft spüren.
Ein besonderer Moment war die Darbietung von „That Old Black Magic“, einem Cover des berühmten Johnny Mercer-Stücks. Dylans Interpretation des Klassikers war von einer spielerischen Leichtigkeit durchzogen, die die Zuhörer begeisterte und für einen Hauch von Nostalgie sorgte. Die Band unterstützte ihn dabei mit einem jazzigen Arrangement, das die Zeitlosigkeit des Songs betonte.
Mit „Mother of Muses“ brachte Dylan eine Ode an die Kreativität und Inspiration, die in jedem Künstler wohnt. Die emotionale Tiefe des Liedes, kombiniert mit der harmonischen Instrumentierung, ließ das Publikum in eine nachdenkliche Stimmung eintauchen und über die Quelle seiner eigenen Inspiration nachdenken.
Dylan ehrte den Bluesmusiker Jimmy Reed mit „Goodbye Jimmy Reed“, einem kraftvollen Stück, das seine Wurzeln und die Einflüsse seiner musikalischen Entwicklung aufzeigte. Die Hommage an Reed brachte eine spürbare Verbundenheit zur amerikanischen Musikgeschichte und feierte die kulturelle Bedeutung des Blues.
Nach einer kurzen Vorstellung seiner Bandmitglieder, die während des Konzerts im Hintergrund unterstützend wirkten, endete der Abend mit „Every Grain of Sand“. Dieses zeitlose Stück über das Streben nach Sinn und die Vergänglichkeit des Lebens bot einen bewegenden Abschluss für einen Abend voller Erinnerungen und Emotionen. Die Worte „In the time of my confession, in the hour of my deepest need“ hallten nach und ließen das Publikum mit einem Gefühl von Nachdenklichkeit und Dankbarkeit zurück.
Eine magische Atmosphäre
Die Begleitband – ein fein abgestimmtes Ensemble aus talentierten Musikern – trug Dylans Songs mit einer Mischung aus Blues, Rock und Country, die sowohl energetisch als auch gefühlvoll war. Unter der Leitung von Dylan selbst, der sich hinter seinem Klavier positionierte, strahlte die Performance eine unverwechselbare Ruhe aus. Seine Stimme, rauer und gebrochener als in den vergangenen Jahren, vermittelte eine gewisse Verletzlichkeit, die perfekt zur Stimmung der Lieder passte. Die Verwendung von Sprechgesang, gepaart mit der eindringlichen Musik, schuf eine Atmosphäre, die die Zuhörer förmlich in den Bann zog.
Die akustischen Gegebenheiten der Halle waren nicht perfekt, doch für die meisten Fans war dies nicht weiter schlimm. Viele kannten die Texte auswendig, und das Publikum lauschte andächtig, während Dylan und seine Band die Emotionen auf der Bühne lebendig werden ließen. Besonders bemerkenswert war die Stille zwischen den Stücken – eine Ehrfurcht, die selbst die kleinsten Bewegungen des Meisters respektierte. Es gab keine großen Ansagen, nur gelegentliche „Thank you“-Rufe, die von den Fans mit herzlichem Applaus belohnt wurden.
Ein unerwartetes Ende
Nach 90 Minuten und genau 17 gespielten Stücken, ohne eine Zugabe, endete das Konzert. Die melancholischen Texte von Dylans neuer Platte hallten im Raum nach, und viele fühlten sich wie Zeugen eines möglicherweise letzten großen Auftritts des Meisters in Deutschland. „Ich bin kein falscher Prophet – ich weiß nur, was ich weiß“, sang er in „False Prophet“ – Worte, die wie ein Nachhall seines Lebens wirken.
Setlist Bob Dylan Krefeld 2022
Watching the River Flow
Most Likely You Go Your Way and I’ll Go Mine
I Contain Multitudes
False Prophet
When I Paint My Masterpiece
Black Rider
My Own Version of You
I’ll Be Your Baby Tonight
Crossing the Rubicon
To Be Alone With You
Key West (Philosopher Pirate)
Gotta Serve Somebody
I’ve Made Up My Mind to Give Myself to You
That Old Black Magic
(Johnny Mercer cover)
Mother of Muses
Goodbye Jimmy Reed
(followed by band introductions)
Every Grain of Sand