Von Dylan Akalin
Sie kommt auf die Bühne, ganz in Rot, und füllt den Musikclub mit ihrer Stimme bis in die letzte Ecke. Wir hören später, dass sie kaum ein Mikro braucht, um sich Gehör zu verschaffen. Beim Opener „Sweet Maria“ hätte ich Meghan Parnell nicht erkannt. Sie klingt kräftiger, klarer im Ausdruck als auf den Platten von Bywater Call. Parnell hat live eine vielleicht sogar nuanciertere Stimme als auf den Studioaufnahmen, auf jeden Fall einen Stil, der der Bandbreite der Band an Stilen gerecht wird. Bywater Call eröffnen in der pickepacke vollen Harmonie in Bonn die Jubiläumsausgabe des WDR Rockpalast Crossroads Festivals: 20 Jahre schon präsentiert der Radiosender in diesem wunderschönen Club Bekanntes und weniger Bekanntes aus der Blues-, Bluesrock- und Soulrock-Szene. Jetzt schon mal: Schönen Dank dafür!
Meghan Parnell ist wirklich ein Phänomen: Sie kann in einem Lied zärtlich sein, im nächsten ein Kraftpaket, im darauffolgenden so cremig wie Erdbeereis im Sommer und dann wieder rauchig-zart. Bei „Arizona“ fügt sie der Powerstimme ein leichtes Vibrato bei, das frappierend an Randy Crawford erinnert. Selbst das Saxofonsolo hätte gut zu „Streetlife“ gepasst. Dabei fing der Song mit einer an George Harrison erinnernde Sitar-vibrierende Slidegitarre von Dave Barnee an.
Das ist eines der Merkmale dieser wunderbaren Truppe, zu der Mike Meusel mit seinem kräftigen und bisweilen sehr jazzigen Bass, Keyboardzauberer John Kervin, Taktgeber Bruce McCarthy und die Bläser Julian Nalli (Saxophon) und Stephen Dyte (Trompete) gehören. Sie reichern den Blues um mehrere Genres zu einem Sound an, der eindeutig ihr eigener ist – aber ab dem vierten Stück „For All We Know“ sehr stark an Tedeschi Trucks Band erinnert. Barnee hat indes in seinem Slidespiel mehr Ecken und Kanten.
„Falls Away“ bietet der Sängerin den Raum, ihre soulig-bluesige Stimme auszuloten, rauchig klingt sie bei „Fortune“. Das Stück entwickelt sich von einer ruhigen Nummer, die mit einer Fingerpicking gespielte Gitarre beginnt, zu einem immer wilder werden Stück, in das die Bläser kräftig einsteigen und es zu einer fulminanten Schlussszene treiben.
Verletzlich gibt sich Meghan bei „Colours“, erst weit weg vom Mikro singend. Viele Jazz-Elemente entdecken wir bei „As If“. Vielleicht mit dem Highlight „Left Behind“ schlließt die Band ihr Set. Im mittleren langen Instrumentalteil kommen alle Gelegenheit ihre solistischen Stärken unter Beweis zu stellen. Als dann Meghan wieder zum Mikro greift und der Nummer eine Gospelrichtung vorgibt, beeindruckt sie noch einmal mit ihrem flehenden, klagenden Gesang. 70 Minuten, die wie im Flug vergingen.