Das Album beginnt mit einem kratzenden, leiernden Anlauf, einem akustischen Signal, wie aus einem alten Radiogerät. Und dann beginnt gleich der erste gleich ins Ohr und unter die Haut gehende Song auf dem neuen Album von Katie Melua „Love & Money“. Und, was soll ich sagen? Es ist ein kleines herzerwärmendes Juwel.
Von Dylan Akalin
Der Album-Öffner ist ein bezaubernder Stück über sie selbst. Während ihr alter Hit immer noch im Radio gespielt wird und offenbar kein bisschen Staub anzieht, fragt sich die Singer-Songwriterin Katie Melua, ob sie ihr Glück genießen darf, ob sie die Angst, endlich glücklich zu sein, mit Partner und erwartetem Kind, ablegen könne. Sie gibt im Song selbst zu, dass das merkwürdig klingt. Ihre Antwort: „Maybe it’s heaven and you just haven’t been here before“. Wir wünschen ihr’s…
Den Song „Golden record“ hatte sie zuletzt im vergangenen August schon live in Bonn vorgestellt, und die schöne Melodie blieb lange an uns haften. Jetzt kommt endlich an diesem Freitag das neue Album heraus, und es ist, aus meiner Sicht, ihr bestes seit langem.
„Quiet Moves“
Auch in dem nächsten sehr luftigen, leichtfüßigen Song „Quiet Moves“ geht es um sie, darum, dass ihre englische Heimat sie zu dem gemacht hat, wer sie heute ist. Mit ihren poetischen Worten sagt sie, dass alles, was sie tut, aus ehrlichen Gründen geschieht. Sie verrät uns, dass ihr Partner offenbar ein „Ollie“ ist und sich in ihn verliebte, als sie ihn bei sorglosen Tanzbewegungen beobachtete. Vielleicht ist es aber auch ein glückliches Bekenntnis zu ihrer Heimat? Vielleicht hat die ewig Suchende, die in Georgien und Moskau aufwuchs, bis ihre Eltern mit ihr als Neunjährige nach London zogen, endlich ihren festen Ankerplatz gefunden? Die Zeilen, die sie so beschwingt und geradezu befreit singt klingen danach: „Your endless journeys and adventures always hummed but never sung… Growing up in England made you who you are…“
Katie Melua hat sich auf ihrem achten Album von 2020 mit ihrer Scheidung abgefunden. Ihr neuester Longplayer „Love & Money“ führt uns an einen anderen Ort. Sie hat einen neuen Partner und einen neugeborenen Sohn. Erinnern wir uns: Im August stand sie hochschwanger auf der Bühne, und das ganze Album entstand während der Schwangerschaft. Die Songs vermitteln uns eine neue Zufriedenheit, die ein wenig die nachdenkliche Luftigkeit von Singer/Songwritern aus den 1970er Jahren in sich tragen. Auch Unbeschwertheit, hat in Katie Meluas Musik immer eine gewisse Melancholie, die sich wie ein Zauber um die Songs wickelt. Und sie weiß das selbst.
„Lie in the Heat“
Dennoch gibt es Unterschiede zu vorherigen Alben. „Love & Money“ ist weniger komplex, die Arrangements etwas einfacher gehalten, was den Songs aber mehr Luft zum Atmen lässt. Sie treffen den Zuhörer unmittelbarer. Vielleicht könnten Fans die leicht jazzige Intonation vermissen. Aber es ist kein Manko. Die Arrangements passen zu den ungetrübten Themen („Those Sweet Days“). Denn da geht es auch um die Leichtigkeit des Verliebens, um Freuden an alltäglichen Dingen, darum, loszulassen und auf sich selbst zu vertrauen, wer man ist, und das Leben einfach so auf sich zukommen zu lassen. „Es ist gut, ein bisschen Frieden in dir zu lassen/ Sonst gefriert die Flamme in dir“, singt sie zum Beispiel auf „14 Windows“. Sie singt von einem hoffnungsvollen Ort, während sie von raumfüllenden Orgeln und Synthesizern begleitet wird.
Über einem schlurfenden Beat, zurückhaltenden Gitarren und getupften Klavierriffs besingt sie auf „Lie in the Heat“, wie ein perfekter Sommertag aussieht: „The sun and our spirits are shineing away, give us a beautiful day“. Man sieht sie geradezu in einem Disney-Film zwischen schmunzelnden Häschen und flatternden Schmetterlingen und Vögeln tanzen. Und eine Nachricht an ihren neuen Partner hat sie auf dem Album auch: Bei „First Date“heißt es: „Er sagte: ‚Alle heiraten‘ / Ich sagte: ‚Nun, lass das die Sache nicht erzwingen‘“. Ein zauberhaftes Album. Zugreifen!