TALKIN‘ JAZZ: Till Brönner trifft Jazzlegende Paul Kuhn

Paul Kuhn und Till Brönner. FOTO: Horst Müller

Keine Angst vor der Jazz-Polizei

Von Cem Akalin

Musikalisch war’s auf jeden Fall ein Hochgenuss. Das Aufeinandertreffen der Generationen. Paul Kuhn, seit Freitag 76, und Till Brönner, 32. Der Jungstar der deutschen Jazzszene, der so herrlich erfrischend sorglos mit der traditionellen Jazz-Literatur umgeht, gab sich diesmal als Gastgeber. „Talkin‘ Jazz“ heißt die neue Reihe im Forum der Bundeskunsthalle und verspricht ein spannendes Experiment. Brönner talkt und musiziert mit seinen Gästen in bewusst lockerer Atmosphäre. Getränke holen während des Konzerts ist ausdrücklich erwünscht, so Kurator Franz-Xaver Ohnesorg am Samstagabend. Also, ein Musiker als Moderator, der sich zur Premiere eine deutsche Legende aufs Sofa holt. Da konnte kaum was schief gehen.
Der „Mann mit der süßesten Zahnlücke des ganzen Business“ (Brönner) führte sich am Flügel gleich mit einer perlenden Variation von Jule Stynes „People“ ein. Man darf Kuhn durchaus unterstellen, dass er die Stücke für den Abend mit Bedacht ausgewählt hat. Kuhn hat seinen altbewährten Schlagzeuger Willy Ketzer und den exzellenten Bassisten Paul G. Ulrich mitgebracht, und Till Brönner reihte sich ganz selbstverständlich mit seiner Trompete in das eingespielte Trio ein. Dabei zeigte er, dass er sich in der Tradition des Swing durchaus auskennt. Brönner ist eine ganz außergewöhnliche Erscheinung in der deutschen Jazz-Szene. Denn sein Spiel ist so universell wie respektlos, was so manchen Puristen – Brönner nennt sie die „Jazz-Polizei“ – schon auf die Palme gebracht hat. Doch das Publikum liebt ihn. Jeder Ton von ihm ist Champagner in den Ohren. Das weiß er durchaus und geizt auf charmante Art mit dem Ausschenken an diesem Abend.
Das Publikum will mehr, umso mehr, als das Gespräch eher enttäuschend fad verläuft. Brönner hangelt sich eher chronologisch durch Kuhns wechselhaftes Leben. Zu einem echten intellektuellen Austausch unter Musikern kommt es leider nicht. Dabei gibt es bei ihnen durchaus Parallelen. Der eine wagte sich in der Schauspielerei, Brönner modelte, Kuhn produzierte Schlagersänger wie Peter Alexander und Howard Carpendale, Brönner die Girlband No Angles, Rosenstolz, Hildegard Knef und Manfred Krug. Beide zeigen keine Berühungsängste zu anderen Stilen. Man darf von Brönner wohl mehr erwarten und aufs nächste Treffen gespannt sein. Im April kommt Klaus Hoffmann.