Das schwedische Power-Quartett MaidaVale ist der bisherige Höhepunkt beim Crossroads-Festival in Bonn

MaidaVale: Matilda Roth FOTO: Peter "Beppo" Szymanski

MaidaVale kommt am Freitag den 13. nach Bonn. Kein gutes Vorzeichen. Erstmals muss der WDR Rockpalast tatsächlich beim Crossroads Festival ohne Publikum aufnehmen und übertragen. Das Coronavirus schlägt zu. Und dann überrascht das Frauenquartett mit einer sagenhafter Vorstellung. Bislang der beste Act dieses Festivals. Auch stark: Laura Cox.

Von Dylan Cem Akalin

Und MaidaVale machen ihre Sache echt gut. Es tut einem in der Seele leid. Die Musik ist was fürs Liveerlebnis. Der fette tiefe Bass, der den Abend einläutet, die fast zehnminütige hypnotische Gitarrenbetonte Einführung in „Gold Mind“ sind schon fantastisch. Und Sängerin Matilda Roth, eingekleidet in einen indisch anmutenden Hippieanzug, lässt sich voll ein in den Strom, den Johanna Hansson (drums), Sofia Ström (guitar) und Linn Johannesson (bass) da erzeugen. Der Bass wird zum Mantra, und die spirituelle Kraft, die die Rhythmussection offenbar erzeugen, beflügeln Sofia Ström. Die Frau spielt zeitweise, als wären es zwei Gitarristen, da kommen Call-and-Responce, fast Hendrix’sche Wahwah-Streifzüge, in die sich orientalische Moods einschleichen. Meine Fresse, was für ein musikalischer Rauschzustand!

Das erste Stück dauert gut eine Viertelstunde, und ich bin sicher, das Harmonie-Publikum wäre ausgerastet. Der Bass schält sich immer mehr als dichter Kern der Band heraus, der den MaidaVale-Planeten erst zur Rotation bewegt. So präsent ist er und schafft mit dem Schlagzeug einen soliden Rahmen. Jetzt unterstützt auch Matilda Roth mit Gitarre den Instrumentalkörper. Ihr Gesang liegt zwischen Siouxsie Sioux, einer Schamanin und Marty Wilde. Irgendwie unaufgeregt, sehr cool, im Ausdruck zwischen tiefem Timbre, geheimnisvoller Mehrstimmigkeit und frechem Kieksen.

Euphorischer Trip voller Magie

Mir gefällt die Gitarrenarbeit von Sofia Ström, die virtuos tänzelt, ohne selbstverliebt zu sein, die psychedelische Melodien schafft, aber, wo es die Gruppendynamik verlangt, durchaus experimentelle Soundcollagen beisteuert. „Walk In Silence“, das zweite Stück, ist wieder 13 Minuten lang.

MaidaVale: Sofia Ström FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

„Oh Hysteria!“ beginnt mit einem geschrubbten Rhythmus auf der Gitarre und entwickelt sich zu einem flirrenden, euphorischen Trip voller kleiner magischer Goodies.

Das Sensationelle an den vier Frauen ist, dass man ihrer Musik die Wurzeln aus den Sixties und Seventies zwar ganz klar anhört, aber sie vermeiden es, ihre Vorbilder auch nur zu kopieren. Ja, da sind Strukturen von Sweet Smoke, Uriah Heep, Led Zeppelin, Can, The Doors, Hawkwind herauszuhören

Singstimme zum Verlieben

„Dark Clouds“ ist geradezu kurz für diese Rock-Metal-Band. Der Schluss kommt fast schon abrupt. „(If You Want To Smoke) Be The Fire“ geht stärker noch in die 70er-Jahre-Rockschiene von Zeppelin und Deep Purple. Und diese Frau in den bunten Klamotten, die da selbstvergessen barfuß auf dem Orientteppich tanzt, hat eine Singstimme zum Verlieben, die bei aller Abgefahrenheit durchaus bodenständig bleibt. Die ganze Truppe entführt uns in die 70er Jahre, wo die Bässe noch nach Bässen, die E-Gitarren noch nach E-Gitarren geklungen haben. Der Gitarrensound rockt und rollt, wie eine kräftige Brandung an einem warmen Sommerabend in Südindien.

MaidaVale: Johanna Hansson FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

„Another Dimension“ beginnt mit einem Beckenspiel der Schlagzeugerin und verschrobenen, quietschenden, metallenen Sounds, die die Gitarristin erzeugt. In die Dissonanzen setzt der Bass wieder seine Pflöcke ein, und die Singstimme beginnt einen epischen, fast sprechenden Gesang. Riffbetonter ist der Song, dazu gibt es eindringliche Tribaldrums.

Transzendenz

Die zwei Gitarren harmonieren so wunderschön auf „Heaven And Earth“. Die hallbetonte Fender von Sofia Ström über die gezupften Töne, die die Sängerin spielt. Das Schlagzeug ist auf ein metronommäßiges Spiel reduziert. Schön.

MaidaVale: Linn Johannesson FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

„Trance“: Das Bassthema könnte tatsächlich von einem Techno-Stück stammen, die Gitarre indes hat eine leicht indisch vernehmbare Harmonie. Als der Gesang beginnt, denke ich plötzlich an Jon Anderson und Yes. Da ist etwas Transzendentes in der Musik. Als die Drums dann mit vollem Spiel einsteigen, steht die Reiseroute längst fest. Und die ist wild. Linn Johannesson bietet zwar eine unerbittliche Basslinie, die Sofias wilde Gitarre indes kaum in Schach zu halten vermag. Matilda Roth nutzt die dunkle Stimmung mit tiefem Gesang. Es überrascht nicht, dass „Trance“ ein experimentelles und psychedelisches Unterfangen ist. Matildas starker Gesang und Johannessons schwere Bass-Hooks holen erst gegen Ende Sofias funkigen, mit Effekten beladenes Gitarrenspiel wieder auf die Erde zurück. Magisch. Diese Band muss unbedingt nochmal kommen!

Rembert Stiewe kündigt das „Geisterkonzert“ an: MaidaVale FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Ohne Publikum: MaidaVale FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
MaidaVale: Matilda Roth FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Vor leerem Zuschauerraum: MaidaVale FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
MaidaVale: Matilda Roth FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
MaidaVale: Matilda Roth FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
MaidaVale FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
MaidaVale: Matilda Roth FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
MaidaVale FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
MaidaVale: Matilda Roth FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
MaidaVale: Matilda Roth FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski