Vola „Applause Of A Distand Crowd“ – viel kreatives Potenzial und ein Gesang, der sich im Ohr festsetzt

Vola auf der Rockaue 2017 FOTO: Peter "Beppo" Szymanski

Vola wird immer besser. Die dänische Rockband konnte schon 2016 mit ihrem Debüt “Inmazes” mit einer satten Mischung aus Metal, Prog, Elektronika und Ambient und überzeugen. Auf ihren ausgiebigen Tourneen, unter anderem mit einem guten Konzert auf der Rockaue 2017 in Bonn, hat die Band offenbar Kraft und kreatives Potenzial entdeckt. Denn das neue Werk Applause of a Distant Crowd, das Einflüsse von Muse, Japan, Porcupine Tree, A-ha, Leprous und Dream Theater erkennen lässt, ist umwerfend.

Von Mike H. Claan

Der erste Track auf dem Neuen Album von Vola  heißt „We Are Thin Air“ und beginnt mit einem fetten Riff, dass die Ohren knallen. Dazu ein gefühlsbetonter Gesang, ferne Gitarren und Keyboards, ein Refrain mit einem elektronischen Anzug a la Coldplay. „Ghosts“ startet mit elektronischen Keyboards über einen rhythmischen Rausch und einer trunkenen Melodie. Da sind Soundreferenzen an die Achtziger, vor allem diese Keyboard-Hookline, die sich so festbrennt im Ohr.

Smartfriend“ schließt mit den schweren Meshuggah-mäßigen Gitarren noch am ehesten an den Vorläufer „Inmazes“ an. Der Track ist geprägt von erstaunlicher Vielschichtigkeit und Tiefe und dem geschickten Spiel von richtig Heavy und zarten Ansätzen. Ruckelnde Riffs, Stakkato-Gitarren, Opeth-hafte Gesänge. Starker Song!

Gitarrist und Sänger Asger Mygind

Die niederländische Mascot Label Group hat uns allen einen guten Gefallen getan, den Kopenhagenern einen Plattenvertrag zu geben. Denn davor lief die Musik von Vola über den Eigenvertrieb und war damit einem breiten Publikum gar nicht zugänglich. Die Geschichte von Vola reicht nämlich bereits bis ins Jahr 2006 zurück. Gitarrist und Sänger Asger Mygind formierte seinerzeit ein Quintett, das zunächst Stücke von Bands wie Freak Kitchen, Opeth sowie Porcupine Tree spielte und dabei Ideen für erstes selbst komponiertes Material entwickelte.

Vorbilder: Steven Wilson und Devin Townsend

2008 kam die EP „Homesick Machinery” heraus, 2011 folgte eine in Quartett-Besetzung aufgenommene weitere EP namens „Monsters”. 2015 war dann das ungemein vielschichtige, die Hörerschaft ebenso fordernde wie letztlich beglückende Inmazes geboren. Mit allerlei elektronischen Sounds und Samples versehen, mutete das Album phasenweise futuristisch an. Es wartete zudem hier und da mit edlem Pop-Appeal à la Blackfield auf und rief insgesamt nicht nur Assoziationen zu Opeth und Porcupine Tree hervor, sondern dank stellenweise sehr heftiger Ausbrüche auch zu Devin Townsend, Soilwork, Meshuggah, Ulver und Massive Attack. Die Band hat bei allen Vergleichen einen recht eigenen Mix aus Electronica, Industrial, Metal und Progressive Rock. Das britsche Prog-Magazin beschrieb das Klangbild der Band ganz richtig als „widescreen heavy stadium Prog”.

Applause Of A Distant Crowd

Auf Asger Mygind üben Künstler wie Steven Wilson oder Devin Townsend ein hohes Maß an Faszination aus. Er sagt: „Ihre Musik verändert das gesamte Körpergefühl. Hinter den Klängen, die unser Ohr erreichen, steckt eine höhere Macht.” Und weiter: „Es geht doch einfach nichts über plötzlich auftauchende eingängige Refrains, die gleichsam die Schwerkraft aufheben und einen förmlich zum Schweben bringen. Derart intensive Empfindungen wollen auch wir mit unseren Sounds hervorrufen.” Nach der Veröffentlichung von „Inmazes“ ging es für Vola mit Riesenschritten voran: Waren Auftrittsmöglichkeiten zuvor noch dünn gesät gewesen, so konnte man die Band seither bei zahlreichen Festivals in Deutschland, England und den Niederlanden erleben. 2016 absolvierte sie eine Tournee mit Katatonia, und 2017 erste Headliner-Auftritte in Großbritannien.

Das neue Album „Applause Of A Distant Crowd” entstand wie sein Vorgänger in Kopenhagen, in der noch jungen aktuellen Besetzung mit Asger Mygind (Gesang/Gitarre), Martin Werner (Keyboards/Programming), Nicolai Mogensen (Bass) und Adam Janzi (Drums). Produziert hat Mygind es selbst, das Mastern übernahm Andy VanDette (Porcupine Tree, Steven Wilson, Devin Townsend, David Bowie). Der Kontrast zwischen eingängigen und den etwas reduzierten wuchtigen Tönen tritt hier stärker hervor als bei „Inmazes“ und die Band gönnt sich diesmal sehr viel Spielraum, um einen atmosphärisch womöglich noch breiteren Bogen zu spannen als auf dem Debüt.

Klanglandschaften wie zu einem David Lynch-Film

Bei „Ruby Pool“ schaltet die Band einen Gang runter, der Song könnte so auch auf einem Porcupine Tree-Album passen. Langsam fließend beginnend baut er sich auf, bricht zusammen und endet dann mit einer bemerkenswerten Kakophonie von Soundtürmen.

„Vertigo“ würde David Sylvian gefallen! Klanglandschaften wie zu einem David Lynch-Film, der unsagbar nahe und eindringliche Gesang fesseln den Zuhörer sofort. Vielleicht der stärkste Song auf dem Album. (Bitte richtig laut hören!) Und er passt auch vom Gesang richtig gut zum nächsten Stück. „Still“ setzt die Philosophie des vorherigen Songs mit Metallanteilen fort.

Der Titelsong „Applause of a Distant Crowd“ beginnt mit einem unglaublich guten Text:

„Watch me now, I’m vanishing in the light/I photograph my latest meal in black and white/I kept my faith in videos of cats in shoes/and spend the day on episodes on plastic youths.“

Musikalisch fokussiert das Stück praktisch den Rest des Albums mit ähnlicher leiser Struktur. Es ist wie die Essenz aus den unterschiedlichen Teilen des Albums, bei dem elektronische wie rätselhafte Instrumente den Gesang ergänzen. Dazu gibt es eine auffällige Bassline.

Da bringen einen die donnernden Gitarrenriffs auf „Whaler“ wieder auf steinerne Wege, über den der ätherische Gesang wie starke Winde fegen. Die Gitarre ist dominant und wird lediglich mit elektronischen Sounds umwickelt. Mit einer Pianoballade“ entlassen und die Kopenhagener: „Green Screen Mother“ klingt wie ein gefühlsvoller leiser Opeth-Song.

Dieses Album wird definitiv zu jenen gehören, die es immer wieder in meinen Player schaffen.