Interview mit Mick Box von Uriah Heep: Wie die legendären Covers entstanden und die Hits der frühen Jahre

Uriah Heep FOTO: Richard Stow

Uriah Heep gelten als die Mitbegründer des progressiven Hard Rock Anfang der 70er Jahre. Ihrem Trademark-Sound aus Mick Box’ Wah-Wah Gitarre und der mächtigen Hammond Orgel sind sie bis heute treu geblieben. Herausragend waren bei Uriah Heep immer die Lead-Vocals und Chor-Arrangements, die ihnen das Attribut „Beach Boys of Heavy Metal“ einbrachte und unzählige Bands bis hin zu Queen beeinflusste.

In ihrer fast 50 Jahre andauernden Karriere haben Uriah Heep, benannt nach einer Figur aus dem Roman David Copperfield von Charles Dickens, 25 Studio Alben und zahlreiche Live-Aufnahmen veröffentlicht und bis heute mehr als 40 Millionen Tonträger verkauft. Sie waren die erste westliche Rock Band, die 1987 vor 180.000 Menschen in Moskau spielte.

Das aktuelle Line-up der Band besteht aus Bandgründer Mick Box (lead guitar), Bernie Shaw (vocals), Phil Lanzon (keyboards), Dave Rimmer (bass) und Russell Gilbrook (drums). Im Gepäck werden sie auch ein neues Album haben. Aber natürlich werden Top-Hits wie „Lady in Black“, „Look at yourself“, „Gypsy“ und „Easy Livin‘“ im Mittelpunkt der Show stehen.

Interview mit Mick Box

Mick Box ist das einzige noch aktive Gründungsmitglied der Band Uriah Heep. Gerade haben sie ihre Welttour gestartet, die sie in 61 Länder führen wird. In Deutschland spielen sie in Saarbrücken (2.11.), Trier (3.11.), und am 6. November in der Lichtburg in Essen. (Alle Tourdaten siehe Bild und unten).

Mit Mick Box sprach Dylan Cem Akalin.

Mick, du bist in  Walthamstow, East London, aufgewachsen. Da kommt auch Alfred Hitchcock her. Was macht diese Gegend mit Leuten wir dir und Hitchcock, dass Ihr auf Mystery steht?

Mick Box: Oh, tue ich das? (lacht) Ach, das war eine toughe Gegend zum Aufwachsen. Mein Vater starb ja sehr früh, so dass meine Mutter mich alleine aufzog. Wir hatten wirklich wenig Geld. Ich hatte oft nur ein Spielzeug, mit dem ich meine ganze Fantasie ausleben musste. Wenn ich eine Spielzeugkuh hatte, musste die in meiner Vorstellung eben auch mal ein Boot oder ein Flugzeug darstellen. Ich glaube, das half, seine kreative Seite zu trainieren. Diese ganzen Umstände haben mich sehr geprägt.

Legendäres Cover

Ich denke an das Cover von „… very ’eavy … very ’umble”. Das ist echt legendär. Es  zeigt den von Spinnennetzen umwobenen Kopf des Uriah-Heep-Sängers David Byron. Wie kamt ihr darauf?

Box: Wir hatten eine Fotosession in einem Studio. Das war in den alten Kensington-Zeiten. Das war irgendwie schwierig, und mir gefielen die Bilder nicht besonders. Und wir kamen nicht so recht voran. Damals wurden Polaroids gemacht, damit man einen ersten Eindruck von den Aufnahmen hatte. Und da war also dieses Gebläse, an dem dieser ganze Staub und die Spinnweben hingen. Ich griff danach und warf es David übers Gesicht, einfach aus Spaß. Aber der Fotograf war so geistesgegenwärtig, dabei auf den Auslöser zu drücken – und wir hatten unser Cover.

Wie bitte? Das Cover entstand also aus einer völlig spontanen Aktion?

Box: Ja, total spontan. Und David brauchte eine Weile, bis er das ganze Zeug aus den Haaren hatte. (lacht)

„Meine Mutter kaufte mir meine erste Gitarre“

Wie würdest du im Rückblick die ersten Jahre eurer Karriere beurteilen? Wie schwer war es damals für eine Rockband, seine eigenen musikalischen Vorstellungen umzusetzen?

Box: Das hatte ja auch alles mit dem Equipment zu tun. Wir hatten keine guten Gitarren, wir konnten uns keine gute Anlage leisten. Uns ging es damals wie vielen anderen Bands auch. Wir reisten im Bus rum, schliefen im Bus, fuhren von Gig zu Gig. Heute ist deine erste Gitarre schon eine Gibson oder Fender oder was weiß ich. Wir mussten uns das erst erarbeiten.

Was war denn deine erste Gitarre?

Box: Meine Mutter kaufte sie mir. Das war eine Telston, ein Cutaway, in sunburst mit einem Diamond-Pickup. Die war fantastisch.

„Ich habe viel Jazz gehört“

Little Steven erzählte mir kürzlich, dass er die 70er verflucht, weil die Technik einfach so rückständig war. Wie siehst du das?

Box: Natürlich war die rückständig. Und die Industrie hatte es noch nicht verstanden, was da abging! Wir mussten mit dem zurechtkommen, was da war. Das hat es aber auch oft sehr aufregend gemacht! (lacht)

Hat das die Kreativität nicht auch gekillt?

Box: Im Gegenteil. Du hast wahnsinnig viel ausprobiert – und hast dabei auch Zeug erfunden. Du warst ja gezwungen zu experimentieren. Da kam vielleicht nicht immer das raus, was du im Sinn hattest, aber manchmal sogar was Besseres.

Als du mit Rockmusik angefangen hast, gab es noch nicht viele Vorbilder. Wen und was hast du gehört? Was hat dich beeinflusst?

Box: Ich habe damals total viel Jazz gehört. Und mein damaliger Gitarrenlehrer, Alan Hodgkinson, stand ziemlich auf Django Reinhard. Er hat auch mal als zweiter Gitarrist in seiner Band gespielt. Ich konnte mir nicht viele Unterrichtsstunden leisten. Er gab mir daher immer richtig viel mit, was ich zu Hause üben sollte. Manches hat mich damals ganz schön frustriert.

„In mir brennt keine Blues-Flamme“

Wie war es mit Blues? London war zu jener Zeit sowas für die europäische Hauptstadt des Blues?

Box: Nein, hatte ich nichts mit am Hut. Ich stand auf Jazz!

Tatsächlich? Wenn ich an „Tears in my Eyes“ denke. Das erinnert gitarrenmäßig zunächst an Rory Gallagher, nimmt dann aber eine ganz andere Richtung an…

Box: Solche Elemente kommen natürlich immer wieder mal durch. Aber das Blues-Feuer hat nie wirklich in mir gebrannt. Natürlich habe ich damals als junger Mann Shows mit Bluesmusik gespielt. Und ich hatte auch echt eine gute Zeit damit. Aber wirklich glücklich gemacht hat mich das nicht.

Auf „What Should Be Done“ hat die Gitarre auch eher Blues-Anteile!

Box: Mag sein. Aber das dringt eher unbewusst durch. Wie gesagt: In mir brennt keine Blues-Flamme. Aber natürlich ist vor allem unser erstes Album von Blues und Jazz beeinflusst gewesen.

„Shadows of Grief“ fängt an, wie sonst ein Song endet – und dann startet er so machtvoll durch. Rock mit klassischen Zügen, vor allem die Orgel, aber auch der Songaufbau! Die Klassik dringt aber eindeutig aus der Musik durch!

Box: Richtig. Und das zieht sich durch meine ganze Karriere durch.

The Who, The Move, Small Faces…

Was für Bands haben dich beeindruckt?

Box: Buddy Holly und Eddie Cochran. Und dann natürlich Bands wie The Who, The Move, Small Faces…

Ich höre Eure Musik seit ich 13 oder 14 Jahre alt bin. Was einen jungen Menschen damals so gefesselt hat an eurer Musik, war nicht nur die Kraft, sondern die Freiheit, die die Musik ausstrahlte. Es war ein Ausbrechen aus Konventionen und Strukturen. War das auch eine Intention von euch?

Box: Wow, wunderbar! Nun, wir haben Musik gemacht und natürlich gehofft, dass das was auslöst in den Leuten. Aber es gab Freiheiten damals. Wenn du in jenen Tagen einen Plattenvertrag für sieben Alben unterschrieben hast, dann konntest du in jede Richtung gehen mit deiner Musik, die du wolltest. Als wir 1970 zum Beispiel „Salisbury“ aufgenommen haben, da hatten wir dieses unheimlich lange Titelstück, da hat uns keiner reingeredet, als wir da so viele Elemente von Hard Rock, Metal, Blues, Jazz, Folk und Prog vereint haben. Ich glaube, wir wussten selbst nicht richtig, was wir da taten… (lacht laut).

„Die Liebe zur Musik ist immer noch da“

Die Bezeichnung Metal gab es damals ja noch nicht.

Box: „Gypsy“ war schon metalmäßig, aber wir sahen uns als Hardrock-Band. Aber diese Bezeichnungen sind doch eher Unterscheidungen aus journalistischer Sicht. Letztlich ist es Rock, und dir Unterscheidung liegt einfach darin, ob es gut oder schlecht ist.

Wie ist es heute? Hat sich etwas verändert, wenn du Musik machst?

Box: Ich denke, die Leidenschaft ist so stark wie damals, als ich begann. Und da gilt auch für die Kraft und die Energie der Musik. Die Liebe zur Musik ist immer noch da.

„Der Song spielt die Hauptrolle“

Ich finde, dein Gitarrenspiel ist melodischer geworden.

Box: Die Melodie ist ein wichtiges Element im Gitarrenspiel. Wenn du klug bist, dann lässt du dich davon mehr leiten, als vom Spiel nur des Spielens wegen, wenn du verstehst, was ich meine. Ein Gitarrensolo sollte eine besondere Bedeutung haben und den Song unterstützen. Der Song spielt die Hauptrolle! Das Solo sollte unterstützend sein und keine Fingerübung in Schnelligkeit! (lacht)

Fällt es dir einfacher, Musik zu schreiben als früher? 

Box: Oh, ja. Ich meine, ich schreibe jeden Tag. Riffs, Melodien, ganze Songs, Texte, Arrangements, Bücher, Kurzgeschichten, ich habe einen Blog. Alles mögliche. Und wenn wir ein Album machen, dann arbeiten wir konzentriert daran, schreiben erst die Musik, dann die Melodie und am Schluss die Lyrics.

„Easy Livin′“ und „Lady in Black“

Fühlst du sowas wie einen Druck aufgrund der frühen Erfolge?

Box: Überhaupt nicht!

Wie stehst du zu euren Hits wie  „Easy Livin′“ und „Lady in Black“?

Box: Ich bin sehr stolz drauf! Es ist doch schön, wenn Leute diese Songs heute noch hören wollen!

Sie sind doch ein Muss auf der Setlist, oder?

Box: Wenn wir die Setlist zusammenstellen, dann sehen wir immer zu, dass solche Songs zwischen den neuen auch vorkommen. Natürlich. Das Publikum will das!

Aber ihr spielt auch was aus Eurem neuen Album!

Box: Absolut!

Sänger Bernie Shaw und Keyboarder Phil Lanzon sind schon seit 1986 dabei. Und dennoch zählen die Fans sie nicht zur klassischen Besetzung. Es ist wohl ein Fluch so ähnlich wie bei Richie Blackmore und Steve Morse.

Box: Ehrlich gesagt, sehe ich das nicht so. Mag sein, dass alte Fans das so sehen, aber ich denke die meisten würdigen sie als vollständige Mitglieder der Band.

 

Auf Tour

Im Herbst 2018 kommen die britischen Hard Rock Pioniere URIAH HEEP endlich wieder auf eine ausgiebige
Tour mit 14 Konzerten nach Deutschland. Als Special Guests sind keine Geringeren als die legendären THE
ZOMBIES mit Rod Argent und Colin Blunstone dabei, deren Reunion 2008 eine kleine Sensation darstellte.

27.10. Fürth – Stadthalle (ohne ZOMBIES)
29.10. München – Circus Krone
30.10. Stuttgart – Liederhalle Hegelsaal
02.11. Saarbrücken – Garage
03.11. Trier – Europahalle
04.11. Offenbach – Capitol
06.11. Essen – Lichtburg
09.11. Regensburg – Audimax
10.11. Ravensburg – Oberschwabenhalle
12.11. Hamburg – Docks
13.11. Leipzig – Haus Auensee
14.11. Dresden – Schlachthof
15.11. Hannover – Capitol
16.11. Berlin – Admiralspalast (ohne ZOMBIES)