Neues aus Deutschland: Roger Stein, Milian Otto, Tamara Banez, milou & flint

Roger Stein: Alles vor dem Aber
Milian Otto: „Wahnwitz und Gelegenheit“
Tamara Banez „Ecken und Kanten“
milou & flint: „blau über grün“

Von Lina Macke

Vier Alben deutschsprachiger Künstler soll ich besprechen. Alle vier werden von ihren Plattenfirmen als „Songpoeten“ gepriesen, zwei von ihnen, Roger Stein und Tamara Banez, als Entdeckungen von Konstantin Wecker hervorgehoben.

Ich kenne keinen von ihnen, und, zugegebener Maßen, ist das wirklich nicht ganz meine Musik. Aber ich bin jemand, der erstmal jedem eine Chance gibt, der versucht, herauszuhören, was die Vorzüge sind, was ihren Fans an der Musik bedeuten könnte, bevor ich, unter Umständen, einen Verriss schreibe.

Ich höre mir die Alben also völlig unvoreingenommen an und beobachte schnell an mir, wo ich ungeduldig werde, wo mich ein Künstler in seinen Bann zieht oder mich wenigstens seine Welt interessiert.

Milian Otto: „Wahnwitz und Gelegenheit“

Von allen vieren gefällt mir Milian Otto am besten. Wieso? Nach mehrmaligem Hinhören und vergleichen fällt mir die Antwort darauf nicht schwer. Otto hat eine moderne, authentische Sprache. Und, ja, er ist Poet. Zuerst dachte ich, er könnte vielleicht eine Art moderner Hannes Wader sein, aber da ist mehr. Manches Stück könnte sogar als Erfolgsstück von einem der Deutschrocker wie Revolverheld oder Madsen herauskommen, anders produziert und anders instrumentiert natürlich.

Das heißt aber nicht, dass er beliebig ist. Im Gegenteil. Das Zusammenspiel von dieser nahen und manifesten Stimme und dem hervorragenden Gitarrenspiel packt einen, und die Ruhe, die Otto ausstrahlt, sowohl im Ausdruck als auch in der Sprache, erzeugt eine Konzentration beim Zuhörer, auf die Texte zu achten. Die Musik neigt zu sich wiegen. Und Otto ist keiner, der weinerlich daherkommt, sondern durchaus auch ironisch und witzig („Schattenseite“, „Leora“). Er erzählt gerne Geschichten, womit er in der Tradition der amerikanischen Singer/Songwriter steht, sie regen zum Schmunzeln, ja, zu Lachen, aber auch zum Nachdenken an. Und da gibt es Sätze wie „Jeder Mensch ist ne Lichtung.“ Oder „Ich weiß, dass ich nur ein Haus bin, und meine Sprache die Tür“! Das ist einfach schön. Ein Album mit uneingeschränkter Kaufempfehlung.

Tour Milian Otto 2018:

20.06.18 – DE HAMBURG Knust Acoustics
18.08.18 – CH ZÜRICH 10 Jahre RiffRaff
25.08.18 – DE BRANDENBURG Wir am Bahnhof
26.08.18 – DE KÖLN Blueshell
31.08.18 – CH ZÜRICH Helsinki
22.10.18 – CH WINTERTHUR Portier
23.10.18 – CH BASEL Parterre
26.10.18 – CH OSTERMUNDIGEN Elchclub
27.10.18 – CH ZÜRICH Piccolo Giardino
01.11.18 – DE BERLIN Privatclub
02.11.18 – DE DRESDEN Altes Wettbüro
03.11.18 – DE CHEMNITZ Wohnzimmer Konzert
16.11.18 – DE FRANKFURT Holzhausenschlösschen
17.11.18 – DE KÖLN Die Wohngemeinschaft
21.11.18 – DE TÜBINGEN Sudhaus
23.11.18 – DE AUGSBURG Die Metzgerei
24.11.18 – DE LINDAU Kleines Zeughaus
25.11.18 – DE ULM Sonntagskonzerte
05.12.18 – DE LÜBECK Tonfink
07.12.18 – DE LEIPZIG Noch Besser Leben

milou & flint: „blau über grün“

Barbara Milou und Christopher van Hal  sind milou & flint, und sie fangen ihre Zuhörer mit melodieverliebtem Folkpop ein. Liebenswürdiger Gesang, auch mal allein, reizende Instrumentierung (Gitarre und Klavier plus Akkordeon, Cello und Glockenspiel), tolle Arrangements, die im Ohr hängen bleiben und sich einschmeicheln wie ein Frühlingsduft. Für manche Songs wie „Excuse-moi“ standen sicherlich Simon & Garfunkel Pate, darüber schwebt die Liebe zum französischen Chanson und zu Musikern wie Cat Stevens.

Die Musik von milou & flint ist unglaublich professionell gemacht. Da stimmt jede Nuance, jeder Akkord, jeder Ton. Keine Frage, da haben sich zwei Vollblutmusiker getroffen. Milou war in der Kleinkunstszene mit diversen Programmen unterwegs und sang zudem in einer A-cappella-Band, während Flint unter anderem als Live-Musiker für ‚Wir sind Helden’ und ‚Marquess’ auf Tour war. Vor allem ist es jedoch das Zusammentreffen von zwei Multiinstrumentalisten, die nahezu jedem Instrument einen Ton entlocken können. Nicht nur Klavier, Gitarre, Akkordeon, Fußschlagzeug, Cello, Trompete oder Melodika, sondern auch jeder Menge Alltagsgegenständen, womit sie einen Sound erschaffen, der von akustisch bis orchestral reicht. Dazu Milous natürlicher und klarer Gesang, der mit Flints etwas rauerer Stimme perfekt harmoniert und mit dieser Zweistimmigkeit ihre Lieder einzigartig macht.

Tamara Banez „Ecken und Kanten“

Der erste Song mit dem Aufruf an die „Sistas, Sistas“ erinnert irgendwie an die Songs von Frauenkabarettistinnen, die ihre Weiblichkeit hervorheben. Ich mag sowas nicht. Da überrascht der Song „Yukari“, textlich wie gesanglich. Banez schafft es, einen echten Protestsong mit einer politischen Aussage in einen wunderschönen Song zu verpacken. Es ist eine Briefform an die Freundin, die die Erzählerin aufzurütteln sucht. Lediglich begleitet vom Piano, zeigt die Banez was für eine fantastische Sängerin sie ist, die nicht nur über eine beeindruckende Range verfügt, sondern einen sicheren Ausdruck auch in leisen Momenten.

Das Album packt den Zuhörer erst nach mehrmaligem Hören. Hymnisches („Eine Nacht“), Verträumtes, Nachdenkliches wechselt sich ab, vermischt sich. Das Tolle an dem Album ist aber, dass Tamara Banez Popperlen schafft, die nicht von überflächlichen Aussagen in sich haben. Ein Song wie „Spitze Scherben“ zielt mitten ins Herz und rüttelt am Verstand. Stark!

Roger Stein: Alles vor dem Aber

Wer Konstantin Wecker liebt, der wird auch Roger Stein mögen. Das mag eine Stärke sein, kann aber auch eine Schwäche sein. Denn das Original ist mir doch lieber. Stein erinnert allzu oft an sein großes Vorbild, mit dem er jetzt auch tourt. Ja, Stein ist ein guter Sänger, Songwriter, Pianist und Erzähler. Aber mir fehlt die Eigenständigkeit. Wenn er in seinen durchaus guten Texten Melancholie und Spöttisches, Alltägliches und Politisches in seine das Herz ansprechenden Songs vermischt, dann muss ich immer an Wecker denken. Selbst bei seiner Intonation.

Zürich, Wien und derzeit Berlin: Dies sind die drei Heimatpunkte des jungen derzeit in Berlin lebenden Autors und Musikers. Singer-Songwriter, Liedermacher, Kabarettist, Erzähler, Poet: Er schreibt nicht nur Texte und Musik selbst, sondern macht auch die Arrangements und Aufnahmen seiner Lieder im eigenen Studio.

Roger Stein wuchs nach dem Tod des Vaters als Einzelkind allein mit seiner Mutter auf. Er erhielt seit dem achten Lebensjahr eine klassische Klavierausbildung und studierte an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Parallel dazu absolvierte er sowohl ein Studium der Theater- und Musikwissenschaft als auch der Germanistik an der Universität Wien und promovierte über “Das deutsche Dirnenlied”. Roger Stein hat einen vielseitigen Weg zurückgelegt, der ihn von Germanistik & Theaterwissenschaft weg, zunächst als Sänger in Opernproduktionen verschlug, danach über die Musikalische Leitung bei verschiedenen Produktionen und diverse Kompositionen im Theater und Kabarettbereich schließlich bis zum Sprechgesang führte.

Seit einiger Zeit arbeitet und lebt er mit Sandra Kreisler zusammen, mit der gemeinsam das Musikprojekt WORTFRONT gegründet hat. Seit 2013 tourt er auch solo fleißig über die Bühnen der Republik. Manchmal allein am Flügel, manchmal mit Band. Nach einem Konzert lernt er Konstantin Wecker kennen. Wecker ermutigt ihn auf seinem Label eine Soloplatte zu veröffentlichen. Jetzt erscheint die zweite: Alles vor dem Aber.

27.09.2018                             Berlin, ufa-Fabrik
04.10.2018                             Kelkheim, JazzClub (Auszüge)
05.10.2018                            Wismar, Theater der Hansestadt Wismar (Auszüge)

06.10.2018                             Freyburg, Kulturfalter (Auszüge)

19.10.2018                             Darmstadt, Saalbau Wiener Hof
26.10.2018                             AT – Weinviertel (mit Wortfront)
28.10.2018                            AT – St.Pölten (mit Wortfront)
02.10.2018                             München, Spectaculum Mundi

15.11.2018                             Bergneustadt, Schauspielhaus
16.11.2018                             Köln, Theater Stollwerck

17.11.2018                             Bochum, Bahnhof Langendreer

23.11.2018                             Eberbach, Kulturlabor (mit Wortfront)

19.12.2018                             Düsseldorf, Takelgarn
27.-31.12.2018                      Berlin, Distel (Auszüge)

12.01.2019                             Rodgau, Bürgerhaus Nieder-Rode (Auszüge)

17.01.2019                             Reinfelden (Auszüge)

19.01.2019                             Unterföhring, Bürgerhaus (Auszüge)

31.01.2019                            AT – Linz. Jägermayerhof, (mit Wortfront)
06.-09.02.2019                       CH – St.Gallen, Kleintheater (mit Wortfront)
15.2.2019                                              Stuttgart, Renitenztheater
15.03.2019                             Ditzingen, Bürgersaal im Rathaus

22.03.2019                             CH – Sulgen, Kulturkreis

28.03.2019                             Radolfzell,  (Auszüge)

29.03.2019                             Stockstadt, Kleinkunstbühne

30.03.2019                             Eisloch, (Auszüge)

07.04.2019                             Weinböhla, Zentralgasthof

17.04.2019                             Böblingen, Altes Amtsgericht
26.04.2019                             Hannover, TAK

16.05.2019                             Offenburg (Auszüge)

24.05.2019                             Mossbach (Auszüge)

04.-06.07.2019                       Lieder auf Banz, Festival (Auszüge)