DeWolff kündigen mit „Wolffpack“ ihr nächstes Album an

Im Oktober trat DeWolff in der Harmonie Bonn auf FOTO: Peter Beppo Szymanski

Wie viele andere Bands die im März noch auf Tournee waren, mussten auch die drei Niederländer von DeWolff auf Grund der Pandemie ihre Tascam Tapes Tour vorzeitig beenden und nach Hause kehren. “Wir waren zunächst sehr enttäuscht”, sagt Pablo van de Poel, Sänger und Gitarrist der Band. “Tascam Tapes erhielt so viel Aufmerksamkeit, und dann – als wir endlich die Früchte ernten konnten – wurde die ganze Sache abgesagt. Wir hatten das Gefühl, etwas richtig Gutes am Laufen zu haben. Und wenn dann alles vor deinen Augen zusammenbricht, ist das eine echte Schande.

DeWolff ist keine Band die still sitzen kann. Sie haben in den letzten drei Jahren drei Alben veröffentlicht – Tascam Tapes (2020), Live & Outta Sight II (2019) und Thrust (2018) – und tourten unermüdlich durch Europa und bereicherten den Kontinent mit ihrem Psychedelic Southern Rock. Die Jungs sind eigentlich immer produktiv. So wurde Tascam Tapes unterwegs auf Tour mit einem 4-Spur-Kassettenrekorder aus den 80er Jahren aufgenommen. Dazu wurden Locations wie Hotelzimmer, Backstage Räume oder auch einfach der Straßenrand genutzt. Noch vor der Veröffentlichung konnten Fans im Dezember 2019 über einen Telefon Hotline exklusive Ausschnitte aus dem Album hören. 

„DeWolff Demo Panel“

Als es also zum neunten Studioalbum kam, hatten sie nicht die Absicht, einfach abzuwarten, bis sich alles wieder gelegt hat. „Ich dachte mir: Nie wieder in unserem Leben werden wir so viel Zeit haben, um Inspiration aufzusaugen, zu schreiben und aufzunehmen“, meint Pablo. „Musik ist unsere liebste Sache auf der Welt.“

Da auf der ganzen Welt Lockdown Massnahmen verhängt wurden, war die Aufnahme so weit von Tascam Tapes entfernt, wie man sich das nur vorstellen kann. Zwischen Pablo, Luka van de Poel (Schlagzeug) und Robin Piso (Hammond-Orgel) wurde eine „DeWolff Demo Panel“ WhatsApp-Gruppe gebildet, in der sie sich austauschen konnten. Was als Idee begann, wuchs. Im Juni kündigten sie einen speziellen Wolffpack-Service im Abonnement an. Diejenigen, die ein Abonnement abschlossen, bekamen zehn Wochen lang alle zwei Wochen drei neue Songs, und die Fans konnten die Tracklist für ein Album exklusiv für sich zusammenstellen.

„Wir hätten dieses Jahr damit verbringen können, eine Rockoper mit sechs Albenseiten als Reaktion auf Tascam Tapes zu machen“, fügt Pablo hinzu. „Aber stattdessen haben wir die Erfahrung von Tascam Tapes genutzt, um unsere ungefilterte Musikalität in Songs zu verwandeln. Und genau wie bei Tascam Tapes gab es ein Zeitlimit: Am Anfang hatten wir eine Menge Songs zur Auswahl, aber am Ende wurde es immer knapp, um diese drei neuen Songs rechtzeitig fertig zu bekommen!”

Freunde der Band

Auf dem Album treten mehrere Freunde der Band in Erscheinung. So zum Beispiel die gefühlvollen Roots-Rocker The Dawn Brothers, die Blues-Rocker The Grand East, die Sängerin und Songschreiberin Judy Blank, die Band Broken Brass, der französische Sänger und Songschreiber Theo Lawrence und der Ex-Wolfmother-Bassist Ian Peres.

Das Album beginnt mit dem ersten Song, den sie fertig gestellt haben, dem gefühlvollen psychedelischen Funk von „Yes You Do“, mit Ian Peres und der langjährigen Freundin der Band, Judy Blank. „Wir haben es in einem Zoom-Meeting geschrieben“, sagt er. Sie trafen Peres zum ersten Mal 2012, als sie mit Lenny Kravitz und Andrew Stockdale an einem Tisch saßen. „Ich war natürlich völlig hingerissen, Ian war super nett und interessiert, und er hatte sogar von DeWolff gehört. Wir haben uns sofort verstanden, und als wir 2013 auf Australien-Tournee waren, trafen wir ihn in Mullumbimby, wo wir eine tolle ganztägige Jam-Session im Studio seines Kumpels hatten.”

Pablo begann während des Lockdowns das Alte Testament zu lesen. „Ich halte mich für einen Atheisten“, sagt er. „Aber ich war schon immer neugierig auf dieses Buch, das so viele so wichtig finden. Ich habe nur die ersten 80 Seiten gelesen, aber ich fand einige interessante Geschichten und Symbolik, die sich als Liedmaterial als sehr inspirierend erwiesen. Ich bin auch ein großer Fan von Charles Bukowski und einigen seiner amerikanischen Schriftstellerkollegen wie John Fante und ihrem rohen Umgang mit der englischen Sprache, und in gewisser Weise habe ich versucht, diese beiden Welten zu einer dunklen Liebesgeschichte zu verbinden.”

Treasure City Moonchild

Der Song Treasure City Moonchild glänzt mit Piso’s Markenzeichen, der wirbelnden Hammond-Orgel, und dem satten Tieftöner Spiel von Levis Vis von den Dawn Brothers. Bei der Ballade Do Me singt Theo Lawrence den Chorus. Ein Song aus den 2019er Next of Kin Sessions, bei dem es um einen Anti-Helden geht, der erkennt, dass er die Frau seiner Träume nicht würdig ist. „Ich halte dies für den besten Song, den ich je geschrieben habe, deshalb konnte ich den Gedanken nicht ertragen, dass er nur für diese Next of Kin-Shows verwendet wurde und dann nie wieder! Deshalb brachte ich ihn zu DeWolff, aber er musste etwas umarrangiert werden“, sagt Lawrence. Ein weiterer Song aus den Next of Kin-Sessions ist Sweet Loretta, in dem Dawn Brothers‘ Stefan Wolfs und Darilyns Diwa Meijman zu hören sind. „Loretta ist die Jugendliebe der Protagonistin. Sie hat einen reichen Vater, aber er ist sehr konservativ, und deshalb kann sie sein Geld nur erben, wenn sie einen Mann heiratet. Aber sie ist lesbisch. Also schlägt die Protagonistin, die ebenfalls auf das Geld dieses alten Mannes aus ist, vor, dass sie so tun als ob und heiraten, damit sie das Geld teilen können“.

Bei Half Your Love fegen die drei Niederländer durch die Disco, und mit Bona Fide hauen sie einen richtigen Südstaaten Rocker raus. Mit RU My Saviour nehmen sie es mit Sci-Fi und dem Alten Testament auf. Roll Up the Rise wurde in den ersten Tagen der Quarantäne geschrieben. Im Song geht es um das Ende der Quarantäne – erzählt aus einer Zukunftsperspektive. Ihre Tour Buddies von The Grand East sind hier zu hören. 

Die Idee zu Lady J kam, nachdem Pablo den Dokumentarfilm „13th“ gesehen hatte. „Ich war ziemlich erschüttert davon“, gibt er zu. „Der Text basiert auf der Idee, dass Lady Justice eine Waage zu haben scheint, die nicht das „Gewicht“ deines Verbrechens misst, sondern deine Hautfarbe. Sie hat die Augen verbunden, aber die Leute, die in „ihrem“ Namen handeln, sind überhaupt nicht blind: sie machen einen Unterschied zwischen Weiß und Schwarz.“

Basierend auf Roman von Colson Whitehead

Das Album endet mit dem verzweifelten „Hope Train„. Basierend auf dem mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Roman von Colson Whitehead über zwei Sklaven in den USA im 19. Jahrhundert. „Es fiel mir wirklich schwer, mir die Welt vorzustellen, in der sie sich abspielt“, sagt er. Die Band benutzte im Intro einen Fisher-Price Toy-Kassettenrekorder aus den 1970er Jahren: „Wir wollten sehen, ob wir uns irgendwie an den Sound dieser sehr frühen Country-Blues-Aufnahmen, wie die von Blind Willie Johnson oder Charley Patton, annähern können. Wir dachten uns, der beste Weg, dies zu versuchen, sei die Verwendung des einfachsten Kassettenrecorders, den wir finden konnten.

In ihrem Studiobunker in der mittelalterlichen Stadt Utrecht haben die Brüder Pablo und Luka van de Poel und Robin Piso während des weltweiten Lockdowns eine weitere majestätische Platte geschaffen. Sie experimentierten mit verschwommenen Klanglandschaften, zischenden Riffs, abgefahrenen Orgeln, ansteckenden Melodien, und das alles verbunden mit einem unbestreitbaren DeWolff-Sound.  Während sie mit 70er-Jahre Soul Funk, Psychedelic Sounds und Südstaaten Rock eindringliche Melodien schaffen und dabei mit Sonnenbrillen und offenem Verdeck Richtung Horizont fahren, wirken sie wie die Befreier des funkigen Grooves