Nach acht Jahren wieder ein neuer Dendemann: „Da nich für“

Dendemann ©NilsMüller ©UniversalMusic

Dendemann
Da Nich Für!
Erscheinungstermin: 25. Januar 2019
Label: Vertigo Berlin (Universal Music)

„Wer ist der Typ, der nach Mythos stinkt?“  Dendemann! Der Mann war ja fast vergessen, und da isssa wieda. „Ich dende, also bin ich“, singt er auf dem Opener seines neuen Albums, das nach acht Jahren der Abstinenz auf dem Musikmarkt am Freitag erscheint (25.1.2019). Da Nich Für! ist ein Album mit Texten voller Wortspielerei und Gastkünstlern wie Casper, Trettmann und den Beginnern. „Wann kommt wieder mal ein Filmriss?“, fragt er voller Resignation. Denn der Mann ist nicht oberflächlicher Rapper/Neo-Souler/Pop-Künstler, sondern der Mann hat auch was zu sagen.

Von Dylan Cem Akalin

Er ist wieder da. Da Nich Für! heißt das neue Werk von Dendemann. Mit EINS ZWO, dem Solo-Debüt Die Pfütze des Eisbergs (2006) und nicht zuletzt seinen Auftritten beim Jan Böhmermann’s Neo Magazin Royale hat er längst schon Rap-Geschichte geschrieben.

Dendemann cover 3D

Acht Jahre nach der letzten Platte “vom Vintage verweht“, veröffentlicht Dendemann sein neues Studioalbum “da nich für!“, auf dem der Rapper alle Stränge seiner Karriere konsequent zusammenführt, und so politisch, wach und auf den Punkt ist, wie noch nie. „Wir wollen keine Parolen, keine Prinzipien.“ Heißt es da etwa. Eine Anklage an das Bürgertum, dem es nur um das eigene Wohl geht, abgestumpft vielleicht, aber auf jeden Fall „satt geboren“ oder total unkritisch, viel zu bequem und viel zu satt, um aufzubegehren.

Rechtsruck in der Gesellschaft

Das zieht sich auch bei „Müde“  durch: „Die Politik kam ganz von selbst rein“, sagt er. „Müde und in schlechter Verfassung – wie Artikel drei. Müde, von den Rechten, den Faschos, den Naziparteien“, heißt es in „Müde“. Der Track klagt den Rechtsruck in der Gesellschaft an. Er spielt aber auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz im Grundgesetz – Artikel drei – an, demzufolge niemand wegen seiner Abstammung, Sprache, seines Glaubens oder etwa seiner sexuellen Identität benachteiligt werden darf. Diese Übereinkunft sieht er offenbar gefährdet.  Doch die geäußerte Müdigkeit ist kein Aufgeben und Nicht-mehr-zuhören-Wollen, sondern ein Statement gegen den Siegeszug des Populismus, das Fallen sprachlicher Anstandsgrenzen in der öffentlichen Debatte. „Ich bin müde, und ich werd müde sein mein Leben lang“, rappt er: „Doch Müdigkeit geht jeden an.“

„Menschine“ ist ein tolles Stück kritischer Poesie

„Menschine“ ist ein tolles Stück kritischer Poesie: „ Wenn die Leute wie Maschinen nur noch für die Arbeit leben“. Dendemann sieht die Menschen als abgestumpfte Zombies, gefangen in ihren Alltagstrott. In der modernen Arbeitswelt  beuten sich die Menschen blöde selbst aus. „Alle Systeme hoch, doch Standby im Herz“, heißt es da und „Du bist ’ne Maschine und dein Körper der Gegner.“

Dendemann 3 ©NilsMüller ©UniversalMusic

In „Drauf und Dran“ wird das Thema weitergesponnen. „Dende macht Blaupausen wie ein Trockener“, heißt es da und: „An manchen Tagen reicht die Power nicht zum Aufstehen. Doch die Dranbleiberei, die dauert bis zum Draufgehen.“ Den Refrain singt übrigens Mieze von der Popband Mia.

Selbstironie, Kritik und Wortwitz

Zugegeben, die Musik ist nicht immer das, was man innovativ nennen würde, und so mancher Beat wirkt tatsächlich ein wenig oldschool. Die Songs klingen teilweise wie aus der Zeit des frühen Deutschrap. Konsequent, wenn da also Gastmusiker Jan Delay die Zeile singt: „Früher gerne ausgebuht und belächelt, regiert Rap die Welt jetzt wie Google und Apple.“ Überhaupt wird so mancher jede Menge Zitate und Samples anderer Künstler entdecken.

Dafür sind die Texte aber durchweg hörenswert. Soviel Selbstironie, Kritik und Wortwitz hat es im Deutschrap schon lange nicht mehr gegeben. Und die Musik darf auch gerne mal richtig aufgedreht werden.

Der Pressetext trifft es (ausnahmsweise) mal auf den Punkt: “da nich für!“ verbindet alte und neue Schule und ist im besten Sinne zeitlos und auf den Punkt. Dendemann klingt auf diesem Album wie ein Mann, in dem sich vieles aufgestaut hat, das dringend rausmusste. Er rappt über Selbstoptimierung in neoliberalen Zeiten, Rechtspopulismus, den alten und den neuen Hip Hop, seine eigene Geschichte, über den Hedonismus und die Politikblindheit des Berliner Party-Betriebs.