Den Maschinen aus fernen Welten erlegen: Jean-Michel Jarre schickt auf „Equinoxe Infinity“ wieder seine Watchers ins Rennen

JMJarre by EDDA Mark Tso

Heute vor genau 40 Jahren veröffentlichte der bahnbrechende Elektronik-Musikproduzent Jean-Michel Jarre mit „Equinoxe“ ein monumentales, instrumentales Konzeptalbum mit einem ebenso beeindruckenden visuellen Kult-Cover von Michel Granger. Heute, am 16. November, kehrt er mit „Equinoxe Infinity“ (Sony/Columbia) zurück, das auf dem Erbe von „Equinoxe“ aufbaut. „Equinoxe Infinity ist ein bisschen wie Equinoxe auf Stereoiden“, sagt Jarre über den Nachfolger.

Von Julian Falke

Seit der Industrialisierung beschäftigen sich die Menschen mit den Maschinen, die sie erschaffen haben. So hielten sie nicht nur Einzug in die Fabriken, sondern auch der Kunst und Literatur. Man denke an Jules Verne und seine Nautilus, der als Schriftsteller das Vorhandene weiterspann und seine eigene Zukunftsvisionen erschuf. Spätestens seit dem „Krieg der Welten“ von H.G. Wells wissen wir, dass die Technik sogar unser Feind sein kann – 1978 musikalisch fantastisch umgesetzt mit Jeff Waynes Musikhörspiel, wo die Marsianer in ihren spinnenfüßigen Apparaten die Welt erobern wollen.

Im selben Jahr schickte auch der Franzose Jean-Michel Jarre, vermutlich derselben Faszination solcher seelenloser Bedrohung erlegen, auf dem Konzeptalbum „Equinoxe“ seine Watchers (Beobachter) auf die Menschheit los. Genau 40 Jahre später sind sie wieder da: In Zeiten von Diskussionen über künstliche Intelligenz und einer Renaissance des Steampunks absolut aktuell.

Pionier der elektronischen Musik

Jarre darf man getrost als einer der Pioniere elektronischer Musik bezeichnen. Mit seinem 20. Studioalbum „Equinoxe Infinity“ bleibt er unverkennbar seinem Stil treu, mischt sphärische Klänge mit Beats, wo der mittlerweile 70-Jährige nur im Song „Infinity“ daneben haut, weil es eben ein Song ist. Und der biedert sich dann leider noch dem heutigen Dancepop zu sehr an.

Mit dem Rest rollt er allerdings einen monumentalen Soundteppich aus, der als Soundtrack eines noch nicht gedrehten Films durchgeht. Die Phantasie für diesen Streifen regen die beiden Frontcover von Filip Hodas an, die einmal die Watchers mit ihren Ferngläsern einmal auf einer grünen Wiese zeigen sowie einmal in den Feuersbrünsten einer zerstörten Welt. Haben die Beobachter sie zerstört oder die Menschen? Oder wird die Erde am Ende doch noch gerettet?

Am Klang gibt es nichts zu mäkeln, der macht vor allem auf der großen Anlage Freude. Interessant ist, dass – verglichen mit der Schnelligkeit der digitalen Revolution –Jarres Sounds denen von vor 40 Jahren immer noch ähneln. Selbst die Klangspektren von Vangelis sind hier und da herauszuhören, was „Equinoxe Infinity“ aber nicht zu Nachteil reicht.

Auf die Musik darf man sich einlassen, muss es eigentlich sogar – vom Anfang bis zu Ende. Jarre hat sich mit seiner neuen Komposition nicht selbst revolutioniert und die Elektroszene schon gar nicht. Er manifestiert aber, dass er heute noch wie früher in diesem Bereich konzeptioneller Musik tonangebend ist.

 

Die Besetzung „Equinoxe“ 1978:

ARP 2600 Synthesizer, EMS Synthi AKS, VCS 3 Synthesizer, Yamaha CS-60, Oberheim TVS-1A, RMI Harmonic Synthesizer, RMI Keyboard Computer, ELKA 707, Korg Polyphonic Ensemble 2000, Eminent 310 Unique, Mellotron, ARP Sequencer, Oberheim Digital Sequencer, GEISS Matrisequencer 250, GEISS Rhythmicomputer (Spezialanfertigung), EMS Vocoder.

 

Die Besetzung „Equinoxe Infinity“ 2018:

CS 80 YAMAHA, ARP 2600, VCS 3, AKS, EMINENT 310, Roland Paraphonic 505, Minipops, Mellotron, Korg PA 600, Korg Polyphonic Ensemble, Korg MS20, GR1, Erica Synths modular system, OP1, Modular Roland system 500 1&8, Roland boutiques, Nordlead 2, Nord modular, Small Stone, Electric Mistress, Big Sky & Capistan, Moog sub 37, Moog Taurus 1, Animoog, Arturia Arp 2600, CS80, Omnisphere, NI Kontakt, NI Reaktor, Dune 2, Legend, Spitfire, Boom, Replica XT, Satin, Valhalla, Digisequencer.

 

Tracklist: Jean-Michel Jarre – Equinoxe Infinity


1. The Watchers (Movement 1)
2. Flying Totems (Movement 2)
3. Robots Dont Cry (Movement 3)
4. All That You Leave Behind (Movement 4)
5. If The Wind Could Speak (Movement 5)
6. Infinity (Movement 6)
7. Machines Are Learning (Movement 7)
8. The Opening (Movement 8)
9. Don’t Look Back (Movement 9)
10. Equinoxe Infinity (Movement 10)