Einfach nur sagenhaft: die Neal Morse Band im Stollwerck Köln

Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Komplett ausverkauft ist das Stollwerck Köln an diesem Abend. Progressive Rock zieht immer noch, und das ist gut so. Noch dazu kommt mit der Neal Morse Band einer der besten Bands der Szene, die bei ihrem fantastischen Konzert auf einer Leinwand  über der Bühne auch zu jedem Song passende Projektionen und Videosequenzen zeigen.

Von Dylan Cem Akalin

Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Genesis und Dream Theater lassen grüßen. Jedenfalls beim Intro. Progrock-Genie Neal Morse stellt mit seiner fantastischen Band im Kölner Stollwerck sein Konzept-Trippelalbum (auf Vinyl) „The Similitude Of A Dream“ vor, die Vertonung  des ersten Teils  des allegorischen Buches des englischen Baptistenpredigers und Schriftstellers John Bunyan  (1628 – 1688). Und wenn das Album schon trotz der vielen religiösen Bezüge alles hat, was ein Progrock-Herz höher schlagen lässt, dann hat es die Band allemal.

Fantastische Band

Voller Energie: Mike Portnoy FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Was uns Neal Morse mit seinem unvermeidlichen Sidekick und Drummer Mike Portnoy, dem erstaunlichen Gitarristen Eric Gillette, dem wunderbaren Keyboarder Bill Hubauer und Randy George am Bass bieten, ist sensationell. Nicht nur was Sound und Spielfreude betrifft, sondern auch die liebevolle Präsentation betrifft. Was Morse da an Masken und Taschenlampeneffekten auf der Bühne bringt, ist vielleicht nicht Oscartauglich für die Special Effects, aber einfach bezaubernd. Aber Morse ist außerordentlich präsent. Sein Gesang ist genial, und er wechselt ständig zwischen Keyboard und akustischer sowie elektrischer Gitarre.

Bezüge zu Genesis

Keyboarder bei Neal Morse: Bill Hubauer FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Aber echt jetzt mal. So mancher wird bei so manchen Sequenzen an „Cinema Show“ (vor allem bei „We Have Got To Go/Makes No Sense To Me“ und später bei „The Mask“)) oder „Lamb Lies Down On Broadway“ gedacht haben, und was Keyboarder Bill Hubauer an Sounds – teilweise aus dem iPad – zaubert, ist wirklich großes Kino, und seine Spielweise, gerade bei Pianopassagen erinnert frappierend an Tony Banks. Aber natürlich ist die Musik weit davon entfernt, sich in eine Reihe mit der britischen Art/Progrockern der 70er Jahre zu stellen. Aber die Wurzeln sind eindeutig dieselben. Und wenn sich Neal mit Kapuzenjacke und Taschenlampe auf der Bühne krümmt oder bei „The Man In The Iron Mask“ mit dunkler Kutte eindringlich singt, kommen einem Bilder von Peter Gabriel in den Kopf.

Wie ein schweizer Uhrwerk

Eric Gillette überzeugt als fantastischer Gitarrist FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Und doch ist die Neal Morse Band natürlich wesentlich hardrockiger als es Genesis waren. „Draw The Line“ startet nicht nur mit einem energischen Rockriff, das aggressive Tempo wird durchgehalten und entwickelt sich zu einem rollenden Appell mit etlichen Breaks und gitarristischen Ausbrüchen, um gegen Ende eine sanfte und fast jazzige Wende zu nehmen. Die Band präsentiert das mit dem expliziten Lauf eines schweizer Uhrwerks. Übrigens die Orgel am Ende: Ist das nicht auch frühe Genesis? Und „The Ways Of A Fool“ klingt wie eine Mischung aus frühen Genesis und Queen. Ok, ich höre jetzt auf mit der Spurensuche nach den Urvätern des Progrock.

Für mich ein wirklicher Genuss ist auch das Spiel von Eric Gillette, der einen fantastischen Sound hat und sein Spiel auf „The Slough“ segelt nur dahin. Der Übergang zu „Back To The City“ ist so dramatisch (mit leicht verzerrtem Gesang beim Einstieg in den Song), wie ich es mag.

Viele Highlights

Stoisch: Randy George FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski

Die Band spielt das gesamte Album „The Similitude Of A Dream“. Nach einer ins Mark gehenden Version von „Breath Of Angels“ gibt es erstmal eine Pause, was auch angesichts der Hitze und dem Sauerstoffmangel im Saal absolut nötig ist.

Mit „Slave To Your Mind“ wird das zweite Set eingeleitet, bei dem „The Man In The Iron Cage“ mit dem Led Zeppelin-Start und das fulminante Instrumental „The Battle“ die absoluten Highlights sind. Das Eindringliche an der Musik, sind diese emotionalen Wechsel, die die Band stets glänzend hinbekommt.

Zur Zugabe gibt es „Author Of Confusion“ vom Album „One“, „Agenda“ und „The Call“ (beide von „The Grand Experiment“).

Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski
Neal Morse FOTO: Peter „Beppo“ Szymanski